Hüftoperation, Teil 3

Hüftoperation, Teil 3

Essen

Bei fast allen unangenehmen Beschäftigungen wie Wandertag, Trauerfeier oder Arbeitsalltag schafft der Blick auf die nächste Mahlzeit Vorfreude und Entlastung. Das gilt fürs Krankenhaus in noch höherem Maß. Nur die Wenigsten genießen hier wirklich den Tagesablauf. Die Mittagsmahlzeiten, die man sich zuvor als noch nicht Operierter ausgesucht hat, entsprechen durchschnittlicher Kantinenkost, erzeugen also kurze Momente der Beglückung. Bei den kalten Randmahlzeiten am Morgen und Abend sieht es anders aus: Auf der Vorauswahlkarte hatte ich bei den Wurst- und Käsekästchen je eine 1 notiert. Ich ging dabei von Portion, nicht aber von Scheibe aus. Das Wenige, was ich nun hatte, sah wursttechnisch nicht unbedingt lecker aus. Die Käsescheibe – es war über die Tage hinweg immer die gleiche – erinnerte in ihrer Transparenz und mikrometergleichen Schichtung an feuchtes Pergamentpapier. Immerhin kam der Tee fast jeden zweiten Tag mit der bestellten Milch. Manchmal fehlten die gestanzten Vollkornbrotscheiben zum Brötchen. Manchmal aber auch nicht.
Morgens und abends wurde mir das Essen auf einem Tablett serviert, häufiger falsch als richtig herum. Ich buchte das unter dem Motto „fremde Länder, fremde Sitten“ ab. Ohne das Personal mit Migrationshintergrund hätte ich wohl nicht einmal halb so viel Aufmerksamkeit und Hilfe erfahren. Vielleicht trinkt man in einer jener Kulturen, aus denen die mich umsorgenden Pflegerinnen und Hilfskräfte stammen, den Tee vor Frühstück und Abendbrot? Auch hierzulande gab es ja eine Bewegung, die das Trinken zum Essen als magenunfreundlich skandalisierte. An meinem vorletzten Liegetag fasste ich mir dennoch ein Herz und versuchte einem der mich umsorgenden Geister zu erklären, dass es viel patientenfreundlicher wäre, den Teller vorne links vor sich zu haben, das Besteck rechts daneben und Kanne und Tasse dahinter. Leider konnte ich im Anschluss keinen Funken des Verstehens bei meinem Gegenüber erkennen. Ich erinnerte mich an eines der Grundgesetzte der Kommunikationswissenschaft: „Der Sender ist dafür verantwortlich, dass eine Nachricht ankommt.“ Also mein Fehler und mein Problem.

Erste Schritte

Am folgenden Tag schaffe ich das Aufstehen tatsächlich ganz alleine. Die erlernte Technik, das intakte Bein seinen Zwilling mit vom Bett schieben zu lassen, hilft. Aber vor allem hat der Genesungsprozess (oder wie auch immer man das nennen will) Fortschritte gemacht. Der Mensch isst, schläft, liest, dackelt vor sich hin, und der Körper übernimmt in aller Stille die großen Reparatur- und Anpassungsarbeiten. Danke, Körper!
Auch der umgekehrte Weg – vom Boden aufs Bett – ist nun machbar, da das gesunde Bein als Kran unter den Unterschenkel des frisch behandelten Beins greifen kann und die Last auf das Bett und dort auch noch Richtung Mitte zerren kann. Also ein Ausflug – vielleicht sogar aus dem Zimmer hinaus in die weite Welt der Krankenhausgänge.
Linke Krücke und rechtes Bein…rechte Krücke und..rech, nein. Nochmal von vorne: mein Blick fällt streng auf das Fußpaar. Also: rechtes Bein und linke Krücke, linkes Bein und rechte Krücke, rechtes Bei und…Ende Gelände. Das Bett steht im Weg. Vorbeikommen ist nur mit seitlichen Trippelschritten möglich. Eins, zwei, eins. Eine Krücke fällt mit Gepolter zu Boden. Mist. Mit einer Hand am Bett festhalten, die andere Krücke umdrehen und nach dem verlorenen Stock angeln. OK. Rechtes Bein und linke Krücke, linkes Bein und rechte Krücke. Rechtes Bein,..wie jetzt? So schwer ist es doch nicht. Aber die Pillen zeigen ihre Nebenwirkung. Das hübsche Schächtelchen mit den vier Abteilungen morgens, mittags, abends, nachts kommt jeden Morgen mit zwölf Pillen im Modus vier, drei, drei, zwei vor dem Frühstück auf das Behelfstischchen. Sie schlichten das Schmerzaufkommen, reduzieren die Entzündungen im Körper und schonen die Magenwand. Aber sie machen auch müde und senken die koordinativen Fähigkeiten. Jede Münze hat zwei Seiten. Auf die Schmerzen verzichtet man gerne. Das Denken wird sich ja hoffentlich wieder erholen. Linke Krücke, rechtes Bein, rechte Krücke, linkes Bein, rechtes Bein und linke Krücke: die Morgenrunde um die Krankenstation kann starten. Nein, halt! Ich hab die Maske vergessen. Zurück auf Anfang.

Mann blickt mit geöffneten Armen aufs Meer

   Ach Welt, was bist Du schön!                                                                                  Bild von Pexels auf Pixabay

Hoch hinaus

Lässig drücke ich mit dem Krückenende auf das Tastenfeld des Fahrstuhles. Die Dachterrasse ist ein Traum. Unten gleitet der Fluss in dezenter Entfernung langsam von links nach rechts hinten vorbei. Man krückt über schwarze Marmorplatten, die ein großes Feld von dunklem, asiatischem Holz (oder dessen überzeugendem Imitat) umranden. Hochbeete mit Steppen- oder Tundrapflanzen – wer kann das bei der herrschenden Trockenheit schon unterscheiden? – geben dem Blick einen Zwischenhalt. Die Terrasse wird von grosszügigen Glaselementen umspannt, bekränzt von einer dünnen Metallleiste. Inseln im Fluss mit müßigen Booten zwischen ihnen und Windräder am Horizont malen ein hübsches Bühnenbild aus friedfertigem Miteinander von Natur und Kultur. Buchen und Akazien fingern von unten gen Terrasse, ohne ihre Majestät gefährden zu können. Jedoch verdecken sie an einigen Stellen den geraden Süd-Blick auf den Fluss. Mensch mit Implantat, wo magst Du Dich regenerieren, wenn nicht hier?
Doch wo nehm´ ich Platz? Dreierlei Gestühl verrät den edlen Geschmack des Dachterrassenausstatters: Stühle mit Lochmuster, die metallen erscheinen und in drei dezenten Farbtönen das Setting beleben. Dreiviertelkugeln aus Weidengeflecht und schwere, weiße Parksessel streiten darum, wer den tieferen Einstieg bietet. Aber hier ist kein Fahrertreff von Sportwagenfanatikern. Als Frischoperierter kann man nur stehen und staunen: bis ich in diesen Augenschmeichlern wieder Platz nehmen kann, werden Tage, wenn nicht Wochen vergehen.
Schade eigentlich. Aber Bewegung ist ja ohnehin für Neuimplantatbesitzer gesünder als elegantes Rumsitzen.

Entlassungstag

Das Paralleluniversum Krankenhaus hat beschlossen, dass es Zeit für mich ist, die Station zu verlassen. Und das sehr schnell.
Um 07.05 Uhr werde ich geweckt. Ein Pfleger bringt mir meine Tagesration von zwölf Pillen. Im Frühstücksfach liegen wie gewohnt vier. „Kann ich die anderen in einer Schachtel mitnehmen?“
„Selbstverständlich. Nehmen Sie sich doch gleich die Schale mit, dann können Sie besser Ihre Portionen aufteilen.“
„Wie nett von Ihnen!“
Durch die offene Zimmertür kommt eine Pflegekraft:
„Guten Morgen! Ihr Frühstück ist da.“
Zum letzten Mal blicke ich durch die Käsescheibe hinaus in den schon gleissend hellen Morgen.
Ich habe noch nicht einmal meine erste Brotscheibe mit Butter versehen, da kommt der Assistenzarzt mit seinem Geschenkbeutel: Entlassungsbericht und Medikamente für die nächsten Tage sowie ein letzter Pflasterwechsel mit aufmunterndem Kommentar: „Na, das sieht ja richtig gut aus. Die Thromboseprophylaxe müssen Sie noch einen Monat lang nehmen. Ansonsten ist bei Ihnen alles klar. Sollten Sie wider Erwarten Probleme mit der Naht bekommen, melden Sie sich bitte bei uns. Andere können das natürlich auch, aber wir würden die notwendige Wundspülung schon lieber selber machen.“
Ich bin froh, dass hier Verantwortung offensichtlich nachhaltig interpretiert wird, „Gerne, mach ich.“
Ich frühstücke zu Ende und packe meine Sachen. Eine nette Schwesternhelferin bringt mir meinen Kram nach unten, während ich mich, Krücken zum Gruß erhoben, von den guten Geistern des Hauses verabschiede. Der Fahrstuhl surrt mit mir nach unten. Ein letzter langer Gang, rechtes Bein, linke Krücke, rechtes Bein, linke Krücke. Dann stöcker ich am Empfang vorbei durch die Drehtür nach draußen. „Welt, Du hast mich zurück!“

Hüft-Operation, Teil 2

Hüft-Operation, Teil 2

Kleine Freuden

Jegliche Arbeit am eigenen Körper dauert in den ersten Tagen nach der Operation fünfmal so lange wie gewohnt. Das hat immerhin den Vorteil, dass sich die leere Zeit, in der der Körper Genesungsarbeit zu leisten hat, der Restmensch aber nicht weiter gefragt ist, verkürzt.
Im Bad ist mir nach dem Duschen das Pflaster vom Injektionszugang auf dem Unterarm runtergefallen. In keinem Fall 90 Grad oder mehr mit dem Oberkörper nach unten beugen! Bücken bis in diese tiefe Regionen ist weder erlaubt noch möglich. Aber wenn man die beiden Krückenfüße wie Baggerzangen aufeinander zubewegt, kann man das zusammengeklebte Pflaster aufheben und sogar in dem kleinen Kippdeckelmülleimer verstauen. Die Freude über Idee und Geschicklichkeit lockt mir ein Lächeln ist Gesicht.
Man kann auch die langen Gardinen am Fester mit der Universalgreifzange packen und auf- und zuziehen. Das übe ich doch mit Vergnügen gleich zwei-, dreimal.
Mein Gott, wie bescheiden einen ein solcher Beschnitt der eigenen Fähigkeiten machen kann!

Ein paar Gehhilfen

      Leider unerlässlich: die Krücken                                          Bild von Bruno auf Pixabay

Zusatzversichert

Seit Jugendtagen habe ich eine Zusatzversicherung für Ein- oder Zwei-Bettzimmer und Chefarztbehandlung. Vor allem wegen der Aversion, Zimmer und Bad mit Fremden teilen zu müssen. Das habe ich während zweier Bundeswehrjahre hinreichend erlebt. Auf die Chefarztbehandlung würde ich sogar eher verzichten wollen. Zwar kann man so sicher sein, jemanden mit Hammer und Feile an sich rumarbeiten zu lassen, der diesen Akt wohl schon ein paar hundert Mal hinter sich gebracht hat. Aber die Erfahrung aus dem Arbeitsleben zeigt, dass Routiniers auch gerne mal zum Schnell-Schnell neigen, da sie ja aus ihrer Erfahrung wissen, wie die Dinge laufen. Ein weniger erfahrener Oberarzt wird mehr als alle erforderliche Aufmerksamkeit in die Operationssituation einbringen, um ja keinen Fehler zu machen. Denke ich. Nun, ich hatte Glück. Der Chefarzt hat – soweit ich das beurteilen kann – trefflich gehämmert, gefeilt und genäht. Sein Besuch am Folgetag der Operation gehört wahrscheinlich zu den ältesten Ritualen des ärztlichen Gewerbes. Der Arzt ahnt wie es dem Patienten geht. Hundert Mal gesehen, hundert mal gefragt. So ist es eher eine ritualisierte Geste als ein Erkenntnisbegehren, das ihn an mein Bett führt. Im Halbrausch des Schmerzmittelcocktails bin ich auch kein ernstzunehmender Gesprächspartner. Mein Hinweis auf die just durchlebte schwärzeste Nacht meines Lebens quittiert er mit angedeutet weisem Kopfnicken und dem Hinweis, ich möge um noch mehr Schmerzmittel bitten. „Alles Gute weiterhin“ und schon schließt sich die Tür sanft hinter ihm. Später notiere ich auf der Habenseite, dass ich nicht zum Objekt einer Visite mit wundgierigen Ärzten im Praktikum geworden bin und dass er nicht gefragt hat, wie „es uns denn heute geht“.
Der Satus des Zusatzversicherten hält noch weitere Features für mich bereit, über die ich mir gar nicht im Klaren war: jeden Tag kommt eine lokale Tageszeitung an mein Bett. Am ersten Tag dachte ich, mein Vorgänger hätte sie liegen gelassen. Ich habe diese Zeitung schon vor Jahrzehnten wegen ihrer dümmlichen Biederkeit gehasst und nur unter Not in Wartezimmern von Zahnärzten durchgeblättert. Weiterhin schwebte an einem Tag ein Wesen freudestrahlend fragend an mein Bett: „Möchten Sie Kekse oder einen Obstteller? Ich hätte täglich Anspruch darauf. „Nun, Obstteller wäre schön!“ Das in Weiß und Rosa gehüllte Wesen kehrte umgehend mit einem Obstteller zurück. Trotz meines innigen Dankes habe ich es nie wieder gesehen. Einen Obstteller auch nicht. Auf der Essensliste wären noch Extras wie Räucherfisch oder Leberwurst ankreuzbar gewesen. Da mich zuvor niemand aufgeklärt hatte und ich annahm, dass es sich um kostenpflichtige Extras handeln würde, hatte ich davon Abstand genommen. Kalorientechnisch betrachtet wahrscheinlich eine kluge Entscheidung.

Fortsetzung folgt

Eine Hüftoperation unter vielen

Eine Hüftoperation unter vielen

Laut Statistik wurden 2021 in Deutschland knapp 300,8 Implantationen künstlicher Hüftgelenke je 100.000 Einwohner durchgeführt. Das ergibt in Summe rund 256.000 neue Hüftimplantate. Auch hier ist Deutschland fast Weltmeister. Lediglich die Schweizer sind uns voraus. Im prozentualen Durchschnitt der OECD-Länder wurden im selben Jahr nicht einmal halb so viele Hüften ersetzt.
Das sind bloße Zahlen. Wie aber erlebt der Einzelne seinen Krankenhausaufenthalt bei diesem häufigsten chirurgischen Eingriff in unserem Land? Eindrücke eines Patienten.

In der Anästhesie

Mein Zimmer habe ich bezogen: Kulturtasche ins Bad, Bücher auf das Beistelltischchen, Handy in die Schublade. Trotz Aufregung war mein Nachtschlaf ganz passabel. Jetzt habe ich nur noch ein zeitlos hässliches Krankenhaushemdchen am Körper. Zur Frühstückszeit werde ich abgeholt. Ein Mitarbeiter in vornehm dunkelrotem Kittel schiebt mein Bett und damit auch mich aus dem Zimmer. Linksherum, geradeaus, rechtsherum und rein in den Fahrstuhl. Unten dann In einer Art Vorraum, der mich an den Verkaufsraum unserer Fleischerei erinnert. Vielleicht wegen der Kacheln. Ich werde umgebettet. Das Wägelchen, auf dem ich zum Liegen komme, scheint so schmal zu sein, dass ich Angst habe runterzufallen.
„Geht es Ihnen gut?“
„Och, eigentlich schon.“
„Ist das Ihre erste OP?“
„Nö, eigentlich nicht.“
„Ahh, deswegen sind Sie so gefasst.“
Alter Schmeichler.
„Ist Ihnen kalt?“
„Ja, ein bisschen schon.“
„Das haben wir gleich.“ Die Stimme gehört einem weiteren Dunkelrotgewandeten. Er hat die freundliche Stimme und das Gehabe eines Lufthansa-Flugbegleiters, der einen für den Interkontinentalflug in der Businessclass vorbereitet.
Ganz schnell wird es unter mir warm.
„Gut so?“
„Hmm, geht auch ein bisschen weniger?“
„Kein Problem. Wir haben jetzt 39 Grad, ich dreh mal runter auf 38.“
Dann bekomme ich eine halbtransparente Maske aufgesetzt und bin fast im selben Moment – wohin? – entschwunden.

Liegend im Krankenhaus

Im Krankenhausbett

Erstes Aufstehen

Nach der ersten Nacht, die keine Nacht, sondern ein Alptraum aus Bewegungslosigkeit, Hitze und Nicht-Entfliehen-Können war, fordert die resolute Schwester, man möge die Beine auf den Boden stellen. Nur, das frisch operierte Bein macht keinerlei Anstalten, der Anweisung aus der Zentrale Folge zu leisten.
„Ich schaff das nicht“, fleht die gequälte Kreatur.
„Sie müssen!“
„Könnten Sie mir vielleicht helfen?“
„Nein, SIE müssen das üben. Sie haben kräftige Muskeln. Vom Joggen?“
„Nein, vielleicht vom Fahrradfahren, aber das reicht nicht. Helfen Sie mir bitte.“
„Grummel, grummel.“
Die Beine sind am Boden. Ich richte mich vorsichtig auf – und stehe zum ersten Mal mit dem Implantat im Bein aufrecht – für vielleicht fünf Sekunden.
„Sehen Sie: es geht doch. Das reicht für heute. Sie können sich wieder hinlegen.“
„Alte Hexe“, denke ich.

Fortsetzung folgt

Lob des Nickerchens

Lob des Nickerchens

Dass die Natur für uns eine lange und eine kurze Schlafphase vorgesehen hat, ist bekannt. Ebenso wie die Tatsache, dass das moderne Arbeitsleben weitflächig keinerlei Verständnis dafür zeigt.

Nun unterstützt ein neues Forschungsergebnis die Vermutung, dass das Schläfchen zwischendurch unser Gehirn grösser und damit funktionsfähiger hält. Wer also Begabung zu und Chance auf einen Power-Nap hat, wird sich nicht nur kurzfristig erfrischter fühlen – mit nachweislich besseren Leistungen nach der Pause -, sondern damit auch auf sein Gesundheitskonto einzahlen.

 

Katze auf Kissen

Meister des Nickerchens: die Katze

Dies ist das Ergebnis der Zusammenarbeit zwischen ExpertInnen aus den USA, Uruguay und Großbritannien. Die Daten von 378.932 Personen zwischen 40 und 69 Jahren wurden dafür analysiert. In dieser Untersuchung wurden die Gehirngrößen von Menschen, die einen genetisch bedingten Hang zu regelmäßigen Nickerchen haben, mit jenen verglichen, bei denen diese Voraussetzung nicht gegeben ist. Dabei stellten sie fest, dass die Gehirne derer, die oft einen Mittagsschlaf halten, größer waren – und das auf einem Niveau, das mit 2,6 bis 6,5 Jahre jüngeren Personen vergleichbar war.

Ob hier ein eindimensionaler Kausalzusammenhang besteht, muss allerdings noch weiter erforscht werden. So etwa lässt sich das Statement der federführenden Wissenschaftlerin Valentina Paz interpretieren.

Jedenfalls gilt Folgendes als erwiesen:  je länger das Gehirn nicht schrumpft, desto grösser sind die Chancen, auch weiter klare Gedanken fassen zu können und der Demenz einen Riegel vorzuschieben. Im Durchschnitt waren die Hirne der nickerchen-aktiven Personen 15,8 Kubikzentimeter größer als die der Vergleichsgruppe. Weitere Studien zu gesundheitlichen Effekten von Nickerchen sind nötig, um zu präziseren Aussagen zu kommen. Doch schon jetzt wird deutlich, dass die kurze zweite Schlafphase eine wichtige Rolle bei der Hirngesundheit im Alter spielt.

Etwas ausführlicher lässt sich das Ergebnis der Studie auf Deutsch hier nachlesen.

Hamburg, 18 Mai, 09.00 Uhr: 9 Grad Celsius. Der Süden ruft!

Hamburg, 18 Mai, 09.00 Uhr: 9 Grad Celsius. Der Süden ruft!

Alter und Wetter

Mit zunehmendem Alter wird der Mensch wettersensibler. Die mäßigen Temperaturen und das geschichtete Grau am Himmel, das man als Kind nicht einmal wahrgenommen hatte, im mittleren Alter mit einem „Aha“ zur Kenntnis nahm, wird im Alter zu einem Grund für massive Unzufriedenheit.
Rentner haben einfach mehr Zeit, sich auch um das Wetter zu kümmern. Den meisten behagt es hier nicht. Altersbedingter Wandel führt bei vielen zu größerer Kälteempfindlichkeit. Verdeckte Sonne, fehlendes Licht bieten Anlass zu depressiven Schüben.

Der Süden rückt näher

Und nun? Neben den kleinen Fluchten in den Süden zieht es immer mehr Babyboomer für längere Zeit oder gar für immer in den Süden. Während der Pandemie ging der Verkauf von Wohnwagen und Wohnmobilen steil nach oben. Im Januar mit dem fahrbaren Zuhause über Österreich und Slowenien runter nach Kroatien, und dann Ende Februar den lauen Frühlingswind und das Yve-Klein-Blau am Himmel in Nordmazedonien genießen.  Oder andere, die sich vor drei, vier Jahren in Andalusien für relativ kleines Geld ein Häuschen am Meer gekauft haben. Dort verbringen sie nun Jahr für Jahr mehr Zeit. Hier kann man im April bei 25 Grad im kurzen Hemd die Costa de la Luz entlangstromern. Herrlich!
Wem die Selbstfahrerei nicht behagt, der profitiert von günstigen Flügen außerhalb der Saison und von vielerorts spottbilligen Mietwagen.

Die innereuropäische Mobilität ist einfacher geworden

Warum also nicht dauerhaft umziehen? Am besten in Länder, in denen die Rente, die in Deutschland gerade so zum Durchkommen reicht – wenn die Heizkosten nicht wieder durch die Decke gehen – noch deutlich mehr Kaufkraft hat.  Die Auswahl an Wohnungen und Häusern zu erschwinglichen Preisen ist in vielen Ländern des Südens erheblich höher als in jeder deutschen Mittelstadt. Gut: für Nizza, Sitges oder Dubrovnik mag das nicht gelten, aber solche Ausnahmen bestätigen lediglich die Regel.
Griechenland hat vor einer Weile offiziell deutsche Rentner eingeladen, ihren letzten Lebensabschnitt in griechischer Wärme zu verbringen. Steuerfrei.

Griechische Fahne an Segelschiff

Irgendwo südöstlich von Thessaloniki

Oder Portugal, das immer mehr Touristen in den Städten beheimatet und ihnen – anders als vor 20 Jahren – mit Freundlichkeit, mehr Sauberkeit, renovierten Fassaden und einem deutlich verbesserten Küchenangebot den Verbleib im Lande schmackhaft macht.
Man kann auch an Bulgarien oder Malta denken: alles EU-Länder mit den gleichen Telefonkosten wie zuhause, aber deutlich angenehmerem Klima. Überall haben sich Maklerbüros auf die neuen Alten aus dem Norden eingestellt. Auch wenn man die Sprache des Gastlandes nicht wirklich beherrscht: die Makler kennen immer jemanden, der mal in Lüdenscheid oder Karlsruhe gearbeitet hat und genügend Sprachkenntnisse in die alte Heimat mitgebracht hat.

Das Fremde wird schneller zum Eigenen

Man muss immer weniger fremdeln in Europas Süden. Auch die vielen kleinen Helferlein aus dem Internet lassen die kulturellen Distanzen schwinden.
Natürlich ist es auch aus Gründen der Nachbarschaftspflege sinnvoll, sich die Sprache des Landes anzueignen, aber für den Anfang helfen die Übersetzungsapps im Smartphone. Speisekarten, Mietverträge und Regionalzeitungen kann man später mit Hilfe von zuverlässigen Übersetzungshilfen wie deepl entziffern. Und wenn man sich endlich entschlossen hat, das hübsche rote Haus mit dem Schuppen in zweiter Reihe zum Meer auch zu kaufen, ja, dann kann man der Maklerin mit Freund aus Lüdenscheid vertrauen. Oder – Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser – man lässt Verträge, Steuerunterlagen, Ummeldebescheinigungen etc. in Windeseile von Übersetzungsprofis wie z.B. protranslate ins vertraute Idiom übertragen.
Der Umzug bleibt natürlich ein Abenteuer, aber die Widrigkeiten sind erheblich kleiner geworden. Und das Winterwetter ist – Klimawandel hin, Klimawandel her – südwärts deutlich angenehmer. Altengerechter.

Sonnenuntergang am Atlantik

Die Küste des Lichts macht gerade abends ihrem Namen alle Ehre

Hören Sie (bewusst) Musik!

Hören Sie (bewusst) Musik!

Eine Studie der Universität Genf (UNIGE) belegt, dass sowohl das aktive Musizieren als auch das bewusste, konzentrierte Hören von Musik zu einer Stabilisierung der Gehirnleistung führt. Natürlich nicht rundum, aber doch in Bereichen, die für kognitive Funktionen wichtig sind.

132 Rentner zwischen 62 und 78 Jahren wurden über sechs Monate wahlweise mit Musikunterricht oder mit Schulung zu verschiedenen Musikstilen und -instrumenten versorgt.

Die Leistung der genannten Hirnregionen stieg – nach Angaben der UNIGE-Forscherin Clara James – um 6%. Dieser Mittelwert wurde auch durch Trainingsintensität, Zahl der Unterrichtsstunden und der Schlafqualität beeinflusst. Zwar kann man nicht von einem Verjüngungsprozess sprechen, aber doch von einem bemerkenswerten Abbremsen von kognitiven Verfallstendenzen in einigen Gehirnregionen.

Staubiger plattenspieler

Das Entstauben lohnt…

Eine so leicht zu absolvierende Therapie in Sachen „Ich-halte-mein-Alter-auf“ kann man doch gut in den Tagesablauf integrieren: Zu einem festgelegten Zeitpunkt (morgens im Bett?, nachmittags auf der Couch?) konzentriert Lieblingsmusik oder auch etwas Ungewohntes zu hören, sollte doch ein leicht zu realisierendes Vergnügen sein. Abgesehen von Radio und Plattensammlung erleichtern auch die Streamingdienste wie Spotify dieses Ansinnen ungemein.

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