Pflege, quo vadis?

Pflege, quo vadis?

Dass die Situation der Pflegeeinrichtungen in Deutschland zwischen problematisch und dramatisch zu verorten ist, ist nichts Neues. Anfang 2020 musste ein Pflegebedürftiger für einen Platz im Heim im Schnitt (nach Angaben des Verbandes der Ersatzkassen) pro Monat 1.940 Euro aus eigener Tasche bezahlen. Die Zahlen schwanken je nach Bundesland stark. Gefallen sind die Sätze seitdem mit Sicherheit nicht. Dass Covid19 für eine Übersterblichkeit – gerade in der Seniorengeneration – gesorgt hat, ist ebenso bekannt. Und wir wissen auch, dass praktisch jedes Seniorenheim dringend nach neuen Pflegekräften fahndet.
Dieses abstrakte Wissen wird dann relevant, wenn wir selbst oder ein Angehöriger Pflege benötigen. Das Statistische Bundesamt meldet: Ende 2021 stehen 5 Millionen Pflegebedürftige im Wettbewerb um 15.400 ambulante Pflegedienste und 16.100 Pflegeheime. 2005 waren es erst gut 2 Millionen.
Um das Durchschnittsalter in Deutschland auf dem heutigen Stand stabil zu halten, bräuchten wir eine Zuwanderung von gut 800.000 Menschen. Jedes Jahr. Dies dürfte organisatorisch fast unmöglich sein. Und die gesellschaftliche Akzeptanz für eine solche Masseneinwanderung ist wohl auch bei Menschen, die gemeinhin nichts mit der AfD zu tun haben, kaum gegeben. Hinzu kommt, dass wir immer länger leben.
In Summe bedeutet das: die Zahl der Pflegebedürftigen in unserem Land geht weiter steil nach oben. Die Pflegequalität ist aber – vor allem wegen Personalmangels – schon jetzt an vielen Stellen kaum mehr vertretbar. Der Staat hat nicht das Geld, um im notwendigen Maße Heime zu errichten. Internationale Investoren, die schon jetzt den deutschen Krankenhausmarkt für sich entdeckt haben, werden „menschenwürdige Pflege“ nicht so weit oben in ihrer Zielkaskade haben wie return on investment. Das liegt in der Logik des Systems.

Und nun? Was kann man tun? Der Zyniker würde sagen: „Rechtzeitig zum selbst gewollten Lebensabschied in die Schweiz reisen“.

älterer mensch, unschlüssig

                   Was ist  die richtige Entscheidung?                                                  Bild von Alexa auf Pixabay

Nein, so schnell sollte man nicht aufgeben. Vielleicht werden wir uns doch in absehbarer Zeit mit den japanischen Pflegerobotern anfreunden? Oder wir hoffen auf innovative Ideen hierzulande. Fest steht: Volkswirtschaftlich betrachtet ist die Pflege im eigenen Zuhause günstiger als die in einem Heim. Auch ist es der Wunsch der allermeisten Senioren, die letzte Lebensphase in den eigenen vier Wänden zu verbringen.
Das heißt, dass die schon fast sprichwörtliche „Polin“ oder „Slowenin“ etc. die am wenigsten problematische Lösung sein könnte. Könnte, wenn der Markt der Vermittler nicht so intransparent wäre und man nicht oft das Gefühl hätte, an Abzocker zu geraten, denen die Vermittlungsgebühr weit wichtiger ist als Wohl und Wehe der Pflegebedürftigen und der Pflegekräfte. Das ist natürlich sehr pauschal. Aber man sollte sich wirklich so früh wie möglich schlau machen, mit welcher Organisation man zusammenarbeiten möchte und welche ethischen Gesichtspunkte dort wie glaubhaft vertreten werden.

Auch bei Seniorenheimen kann man natürlich Glück haben und einen freien Platz ergattern. Aber auch hier gilt – wie bei der Anmeldung für Kita-Plätze: Je früher, desto höher die Chance auf einen Platz in einer „guten“ (und bezahlbaren) Einrichtung. Was „gut“ bedeutet, sollte man sich im Vorfeld selbst bewusst machen. Zumindest als Handreichung kann eine in der FAZ veröffentlichte Qualitätsliste von Seniorenheimen hilfreich sein.

 

Altenheim – aber bitte welches?

Vor einem guten Jahr war hier schon einmal von der erleichterten Suche nach einem geeigneten Heimplatz die Rede, allerdings fokussiert auf Berlin. Nun weiß ich, dass es derartige Unterstützung mittlerweile bundesweit gibt. Gerade wnn man sich bei einem Verwandten, der nicht in der näheren Umgaebung wohnt, Gedanken macht, wie wohl PlanB aussehen könnte. Das heißt, was man machen muesste, wenn der Wunsch der oder des Verwandten in den eigenen vier Wänden zu bleiben, gesundheitlich nicht mehr verantwortbar erscheint. Wie findet man auf die Schnelle ein passendes Heim? Es reicht ja nicht, „Altenheim“ und die Postleitzahl ins Netz zu geben, denn man sieht sich mit den Hochglanzselbstaussagen der Anbieter konfrontiert. Und ist meist so schlau wie zuvor. Eine bundesweite Altersheim Übersicht gibt einem nun wenigstens einige Lösungen, die man nach Größe, Lage und Attraktivitätsindex sondieren kann.  Auch wenn die angebotenen Entfernungen nicht immer stimmen, is es doch ein gutes Remedium gegen die eigene Unkenntnis. Eine auf der Seite integrierte kostenfreie Telefonberatung wird einem bestimmt helfen, den Kreis der Lösungen weiter einzuengen.Und zum Schluß gibt es ja noch die Chance, dass der der oder die Verwandte doch jemanden kennt, der hier oder dort untergebracht ist. Was im Allgemeinen, die Bereitschaft, doch in eine Einrichtung zu ziehen, deutlich erleichtert.

Freiheit UND Sicherheit

Wenn ich im Kreis meiner Familie, aber auch bei den Eltern von Freunden und Freundinnen die Debatte um die richtige Wahl des vermutlich letzten Wohnortes zusammenfasse, dann geht es genau um diese (scheinbaren) Antipoden: Freiheit und Sicherheit. Auch von den mir bekannten Witwern und Witwen möchten die wenigsten vorzeitig die Freiheit des alten und bekannten Wohnsitzes aufgeben, um der Sicherheit in einem neuen Alten- oder Pflegeheim teilhaftig zu werden. Nein, die Waagschale neigt sich stets auf die Seite der Freiheit. „Meine Wonung“, „mein Umfeld“, „mein Garten“, „meine Nachbarn“…Das Bekannte und Gewohnte bildet die entscheidenden  Kriterien aus, die zu einem Festhalten um fast jeden Preis am angestammten Wohnsitz führen. Nur Unzufriedenheit mit baulichen Änderungen, Wegzug von verlässlichen Nachbarn oder Ausfälle im weiteren sozialen Netz – zum Beispiel der arbeitsbedingte Wegzug von Kindern – kann zu einer nicht aus der Not geborenen Entscheidung für einen Umzug in – im weitesten Sinne – eine Art betreuten Wohnens führen.

In der Regel pendelt die Waagschale erst dann weg von der Feiheit und hin zur Sicherheit, wenn existentielle Ängste einsetzen: „ich schaff´es nicht zur Toilette“, „und wenn ich nicht mehr aus dem Bett komme?“, „sollte ich hinfallen, komme ich wohl nicht mehr alleine hoch“. Und die so aus solcher Not geborenen Entscheidungen für das Verlassen des vertrauten Heims führen verständlicher Weise nicht gerade zur Vorfreude auf die neuen vier Wände.

Mittlerweile scheinen aber auf technischem Gebiet so zuverlässige Melde- und Notknopfysteme entwickelt worden zu sein, dass der Abschied aus den vertrauten Räumlichkeiten durchaus noch aufgeschoben werden kann. Eine gute Übersicht über ein beispielhaftes Leistungsspektrum aus diesem Bereich kann man sich hier einmal ansehen. Die Kosten dafür sind in jedem Fall deutlich niedriger als das Wohnen in einer wie auch immer ausgestatteten Einrichtung. Dass nun sogar die Pflegekassen diese Kosten übernehmen, sehe ich durchaus als Beleg für die Verläßlichkeit solcher Meldesysteme. Also im Zeifel erst einmal Freit UND Sicherheit wählen!

Die Zukunft der Altenheime

…kann wohl niemand exakt beschreiben. Dennoch bat mich jüngst die Redaktion von carestyle einen Versuch über das Alten- und Pflegeheim im Jahre 2038 zu wagen.

„Haus Utopos
Bericht aus der Zukunft

Josephine Kendrak fährt mit ihrem Rollstuhl einen Meter vor und dann wieder zurück, vor, zurück. In ihrer rechten Hand hält sie einen elektronischen Abzieher mit dem sie Meter für Meter Teile der Aussenglasfront des Westsalons reinigt. Sie hat Knotendienst.
Es ist ein noch fast spätsommerlich warmer Oktobertag im Jahre 2038. Der Westsalon gehört zum Haus Utopos, einem Alten- und Pflegeheim, das vor gut zehn Jahren auf dem Gelände eines aufgelassenen DB-Depots im Hamburger Westen eröffnet wurde…“
Der Artikel ist in carestyle 9.2008 zu finden.

Aber wen es interessiert, der kann auch hier weiterlesen:haus-utopos

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