14.02.2023 | Allgemein, Assistenz, Forschung, Pflege, Seniorenheim, Technik
Am vergangenen Wochenende beschäftigte sich die Süddeutsche Zeitung im Rahmen des SZ Forums Gesundheit mit der Frage, inwieweit Roboter in der Pflege hilfreich sein können. Diejenigen, die auf die Roboterunterstützung als Königsweg aus der Pflegekrise gesetzt haben, werden durch dieses Fachgespräch eher enttäuscht: Auf absehbare Zeit ist die Pflegekraft nicht durch einen Roboter ersetzbar. Auch wurde mit der Mär aufgeräumt, dass Japan in der Akzeptanz von Robotern in der Pflege schon deutlich weiter wäre. Der dortige Industriezweig mag weiterentwickelter sein, aber die Nutzung innerhalb von Kliniken und Pflegeeinrichtungen scheint uns kein Schritt voraus zu sein.
Positiver sieht die Situation des Roboters als kleines Helferlein im Pflegebetrieb aus. So könnten autonom bewegliche Roboter die Pflegekräfte mit notwendigen Medikamenten und Materialien versorgen und sich anschließend selbstständig wieder neu befüllen. In den Logistikzentren der Industrie leisten sie diese Arbeit schon lange.

Noch dürfen diese kleinen Helferlein nur sehr selten ins Pflegeheim oder Krankenhaus
Auch schwierige Tätigkeiten am Bett der zu pflegenden Person – zum Beispiel Umbetten oder seitliches Lagern – können mit der Assistenz von Robotern mit weniger Personaleinsatz erfolgreich gemeistert werden. Sie sind hier eine tatsächliche Hilfe. Trotz dieser und einer ganzen Reihe weiterer Möglichkeiten, die in Versuchsumgebungen ausprobiert wurden, werden Roboter im Pflegebetrieb wohl die Ausnahme bleiben – zumindest bis auf weiteres. Der betriebswirtschaftliche Nutzen der einzelnen Hilfsleistungen der Roboter scheint schwer berechenbar zu sein. Zumindest heute noch. Deshalb wird augenblicklich der Einkauf dieser hilfreichen Gerätschaften von vielen Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen noch nicht ins Auge gefasst.
Die Zwischenbilanz fällt also eher skeptisch aus. Aber das letzte Wort in Sachen Roboter in der Pflege ist sicherlich noch nicht gesprochen.
Quelle: Süddeutsche Zeitung, 11./12. Februar 2023, Seite 36.
16.01.2023 | Allgemein, Gesellschaft, Gesundheit, Seniorenheim, Vorsorge, Zukunft
Dass die Situation der Pflegeeinrichtungen in Deutschland zwischen problematisch und dramatisch zu verorten ist, ist nichts Neues. Anfang 2020 musste ein Pflegebedürftiger für einen Platz im Heim im Schnitt (nach Angaben des Verbandes der Ersatzkassen) pro Monat 1.940 Euro aus eigener Tasche bezahlen. Die Zahlen schwanken je nach Bundesland stark. Gefallen sind die Sätze seitdem mit Sicherheit nicht. Dass Covid19 für eine Übersterblichkeit – gerade in der Seniorengeneration – gesorgt hat, ist ebenso bekannt. Und wir wissen auch, dass praktisch jedes Seniorenheim dringend nach neuen Pflegekräften fahndet.
Dies abstrakte Wissen wird dann relevant, wenn wir selbst oder ein Angehöriger Pflege benötigt.Das Statistische Bundesamt meldet: Ende 2021 stehen 5 Millionen Pflegebedürftige im Wettbewerb um 15.400 ambulante Pflegedienste und 16.100 Pflegeheime. 2005 waren es erst gut 2 Millionen.
Um das Durchschnittsalter in Deutschland auf dem heutigen Stand stabil zu halten, bräuchten wir eine Zuwanderung von gut 800.000 Menschen. Jedes Jahr. Dies dürfte organisatorisch fast unmöglich sein. Und die gesellschaftliche Akzeptanz für eine solche Masseneinwanderung ist wohl auch bei Menschen, die gemeinhin nichts mit der AfD zu tun haben, kaum gegeben. Hinzu kommt, dass wir immer länger leben.
In Summe bedeutet das: die Zahl der Pflegebedürftigen in unserem Land geht weiter steil nach oben. Die Pflegequalität ist aber – vor allem wegen Personalmangels – schon jetzt an vielen Stellen kaum mehr vertretbar. Der Staat hat nicht das Geld, um im notwendigen Maße Heime zu errichten. Internationale Investoren, die schon jetzt den deutschen Krankenhausmarkt für sich entdeckt haben, werden „menschenwürdige Pflege“ nicht so weit oben in ihrer Zielkaskade haben wie return of investment. Das liegt in der Logik des Systems.
Und nun? Was kann man tun? Der Zyniker würde sagen: „Rechtzeitig zum selbst gewollten Lebensabschied in die Schweiz reisen“.

Was ist die richtige Entscheidung? Bild von Alexa auf Pixabay
Nein, so schnell sollte man nicht aufgeben. Vielleicht werden wir uns doch in absehbarer Zeit mit den japanischen Pflegerobotern anfreunden? Oder wir hoffen auf innovative Ideen hierzulande. Fest steht: Volkswirtschaftlich betrachtet ist die Pflege im eigenen Zuhause günstiger als die in einem Heim. Auch ist es der Wunsch der allermeisten Senioren, die letzte Lebensphase in den eigenen vier Wänden zu verbringen.
Das heißt, dass die schon fast sprichwörtliche „Polin“ oder „Slowenin“ etc. die am wenigsten problematische Lösung sein könnte. Könnte, wenn der Markt der Vermittler nicht so intransparent wäre und man nicht oft das Gefühl hätte, an Abzocker zu geraten, denen die Vermittlungsgebühr weit wichtiger ist als Wohl und Wehe der Pflegebedürftigen und der Pflegekräfte. Das ist natürlich sehr pauschal. Aber man sollte sich wirklich so früh wie möglich schlau machen, mit welcher Organisation man zusammenarbeiten möchte und welche ethischen Gesichtspunkte dort wie glaubhaft vertreten werden.
Auch bei Seniorenheimen kann man natürlich Glück haben und einen freien Platz ergattern. Aber auch hier gilt – wie bei der Anmeldung für Kita-Plätze: Je früher, desto höher die Chance auf einen Platz in einer „guten“ (und bezahlbaren) Einrichtung. Was „gut“ bedeutet, sollte man sich im Vorfeld selbst bewusst machen. Zumindest als Handreichung kann eine in der FAZ veröffentlichte Qualitätsliste von Seniorenheimen hilfreich sein.