02.05.2024 | Allgemein, Demographie, Psychologie, Wissenschaft, Wohlbefinden
Sicherlich gibt es verschiedene wissenschaftliche Ansätze, um diese Frage sauber begründet beantworten zu können. Aber sie unterscheiden sich und sind insofern nur für Studienlektürebegeisterte von Interesse.
Valider zu beantworten ist die Frage, ab wann die „Betroffenen“ sich selbst als „alt“ empfinden.
Eine Studie von Wissenschaftlern der Humboldt-Universität zu Berlin, der Stanford-Universität, der Universität Luxemburg und der Universität Greifswald basiert auf Daten des Deutschen Alterssurvey (DEAS), einer bundesweit repräsentativen Befragung von Personen, die 40 Jahre und älter sind.
Das Ergebnis: Da wir Heutigen länger leben, schieben wir den Beginn des Alters entsprechend weiter nach hinten. Das heißt konkret, dass die heute 65-jährigen Männer das Altsein mit 75 beginnen lassen. Frühere Generationen sahen den Beginn bei 71 Jahren.
Die noch immer länger lebenden Frauen geben noch zwei weitere Jahre obendrauf.
Bild: Artyom-Kabajev auf unsplash
Die dazu passenden Zahlen des Statistischen Bundesamt (Destatis) sagen: 65-jährige Männer hatten in den Jahren 1901 bis 1910 im Schnitt noch rund zehn Jahre zu leben, gleichaltrige Frauen rund elf Jahre. In den Jahren 2019 bis 2021 waren es bei Männern 17,8 Jahre, bei Frauen rund 21.
Interessant ist, dass die Forschenden bei den Frauen nicht nur die gegebene längere Lebensdauer als Begründung für die Antworten sehen. Darüber hinaus könnte auch die größere Stigmatisierung des Alters bei Frauen ein Grund für den gefühlt späteren „Altersbeginn“ verantwortlich sein. Demnach ist es für Frauen noch immer härter, als alt zu gelten als für Männer. Hier bleibt gesellschaftlich, aber auch individuell noch einiges zu tun.
13.02.2024 | Allgemein, Arbeitswelt, Demographie, Gesellschaft, Rente, Zukunft
Im Jahr 2022 war hier von den Anfängen des Gründungszentrums 50+ zu lesen. Zwei Jahre sind ein guter Zeitraum, um einen neuen Blick darauf zu werfen. Dafür habe ich mit der „Erfinderin“ der Hilfeplattform für Ältere mit Selbstständigkeitsambitionen, Yani Neugebauer, gesprochen.
Das Gründungszentrum startete mit 20 enthusiastischen Neu-Selbstständigen. Mittlerweile haben sich mehr als 300 Personen dem Netzwerk angeschlossen. Was ist ihre Motivation? In großer Mehrheit sind es Expertinnen und Experten, die ihr offizielles Arbeitsleben abgeschlossen haben oder selbiges frühzeitig beendet haben. Menschen, die viel Erfahrung, Wissen und Energie haben, aber diese Ressourcen nicht weiter als Angestellte einsetzen möchten. „Endlich mal mein Ding machen“ könnte die stillschweigende Parole der meisten lauten. Im GZ 50+ finden Sie das, was sie in dieser Situation brauchen: Anleitung zum Selbstmarketing, Hinweise zur die Marktnachfrage nach ihrer spezifische Qualifikationen und schließlich – sehr wichtig – : ein Netzwerk von Menschen, die sich in einer ähnlichen Aufbruchssituation befinden.
Trotz vieler offener Stellen tun sich die Personalverantwortlichen oft schwer, Bewerbung von Menschen über 55 ernsthaft in Erwägung zu ziehen. „Zu teuer“, „zu unbeweglich“ heißt es dann oft. Sie werden ihre Einstellung ändern müssen, da die demographische Entwicklung der nächsten Jahre (mit dem fortschreitenden Renteneintritt der Baby-Boomer) den Personalmangel am Arbeitsmarkt dramatisch steigern wird. Von dieser Mangelsituation sind vor allem kleine und mittlere Unternehmen mit weniger als 250 Mitarbeitern betroffen. Sie besitzen weniger Ressourcen, um werblich auf dem Arbeitsmarkt von sich hören zu lassen, und haben ihren Sitz oft außerhalb der großstädtischen Speckgürtel. Bei dünner Personaldecke hat der durch Krankheit oder andere Ursachen bedingte Ausfall von einzelnen Experten oft verheerende Folgen. Die Unternehmen suchen verzweifelt nach Interimsverantwortlichen. Nach Experten, um ein Projekt zu realisieren oder um den Know-How-Transfer für die nachrückende Generation sicherzustellen.
G 50+ – bunter als man denkt
Ein Blick auf die Statistik als Hintergrund: Die Zahl der Beschäftigten in Deutschland über 55 Jahre ist von 2013 bis 2020 von 4,8 auf 7,3 Millionen gestiegen. Die demographische Dynamik wird diese Zahl bis 2030 über die 10- Millionen-Schwelle heben. Dagegen wird das Segment der jüngeren Arbeitsfähigen zwischen 20 und 54 Jahren kontinuierlich abnehmen – wenn nicht unwahrscheinliche Dinge geschehen, die sich der heutigen Vorhersehbarkeit entziehen. Das scheint in vielen Personalabteilungen noch nicht genügend verstanden worden zu sein. Aber das Gründerzentrum 50+ kann auch ihnen schon heute helfen: Wenn Unternehmen Stress haben (s.o.), reicht ein Griff zum Telefon. Innerhalb kurzer Zeit werden ihnen bei G50+ die passenden Personenen aus dem Expertenpool vorgestellt. Das kann bei kleinen Unternehmen, die ja händeringend suchen, schon mal Glücksgefühle auslösen.
Die genannte Entwicklung spielt dem Gründungszentrum 50+ sicherlich in die Hände. Darüber hinaus wird die Altersentwicklung Deutschlands dafür sorgen, dass die gesellschaftliche Bedeutung der Institution zunimmt. Für viele Ältere, die es „gerne noch mal wissen wollen“, stellt das Gründungszentrum bereits heute eine große Neustart-Chance da. Das gleiche gilt für viele kleine Unternehmen, die sich mit dem Füllen von Know-How-Lücken immer schwerer tun.
Eigentlich fühlen Sie sich fit und haben noch keine Lust auf den Töpferkurs in der Toskana? Dann werfen Sie doch einen Blick auf die Seiten des Gründungszentrums 50+.
06.12.2023 | Allgemein, Demographie, Pflege, Rente, Staat, Vorsorge
Die Deutschen werden immer älter und bekommen zu wenig Kinder. Das ist bekannt. Aber was bedeutet das für die Pflegebedürftigen von heute und morgen? Kurz gesagt: potentielle Armut. Die Pflegeversicherung wurde 1995 eingeführt. Das heißt, dass viele der jetzt Pflegebedürftigen wenig oder gar nichts in diese Versicherung eingezahlt haben. Das ohnehin unterfinanzierte System blutet jetzt bereits aus. Es verlangt nach Reformen.
Die shz beruft sich auf den Pflege- und Finanzexperten Bernd Raffelhüschen. Dieser meint, dass sich das Verhältnis von häuslicher und stationärer Pflege drastisch ändern werde: heute werden acht von zehn Pflegebedürftigen zuhause gepflegt. Lediglich zwei in einer Einrichtung. Die Tendenz ginge – so Raffelhüschen – Richtung halbe/halbe. Die Durchschnittsrente beträgt heute 1.500€. Dem stehen durchschnittliche Heimpflegekosten von 2.600 € gegenüber. Die Schere wird weiter auseinandergehen. Wo soll das Geld herkommen?
Foto von Emil Kalibradov auf Unsplash
Die Rechtslage
Angespartes Vermögen wird zur stationären Pflege hinzugezogen, wenn die Rente nicht ausreicht. Ein gesetzlich garantierter Schonbetrag ausgenommen. Dann ist – falls gegeben – der Verkauf von Wohnung oder Haus fällig. Es sei denn, der Partner oder die Partnerin wohnt noch dort. Eine vorzeitige Überschreibung an das Kind oder die Kinder ist nur dann hilfreich, wenn diese mindestens 10 Jahre vor der Pflegefälligkeit getätigt wurde. Sonst tritt eine „Schenkungsrückforderung“ in Kraft. Wer also gespart hat und sich seinen Klein-Häuschen-Traum erfüllt hat, wird genauso zur Kasse gebeten wie ein Immobilienmogul. Wer Sparen für überflüssig oder nicht nötig oder möglich gehalten hat, bekommt hingegen Unterstützung aus der staatlichen Sozialkasse. So undifferenziert scheint mir dies nicht das Maximum an möglicher Gerechtigkeit zu sein.
Aber weiter:
Kinder, die mehr als 100.000 € Jahreseinkommen beziehen (§ 94 Abs. 1a SGB XII), werden seit 2020 zur Deckung der Lücke verpflichtet. Wie immer, gibt es auch hier gesetzliche Ausnahmen. So ist z.B. ihr möglicher Immobilienbesitz davon aber nicht betroffen.
Und nun?
Die häusliche Pflege ist für die Angehörigen mit Verlust von Karrieremöglichkeiten, also langfristigem Gehaltsverlust verbunden. Die Option, Pfleger oder Pflegerinnen ins Haus zu holen, wird – mangels Unterbringungsmöglichkeit auf der einen Seite, mangels Personal auf der anderen Seite – immer schwieriger.
Wenn wir uns möglichst viel Mühe geben, körperlich, sozial und geistig fit zu bleiben, löst dies nicht das Problem, aber es wird ein bisschen überschaubarer. Die Hoffnung, dass der Staat sich der Sache annehmen wird, läuft ins Leere. Schon jetzt belaufen sich die Zahlungen des Bundeshaushaltes in das marode Rentensystem auf rund ein Viertel des Gesamtetats. Alles nicht so rosig!
15.05.2023 | Allgemein, Demographie, Forschung, Gesundheit, Psychologie, Wissenschaft
Kennen Sie das Phänomen? Sie fragen jemanden nach seinem Alter und bekommen eine doppelte Antwort: Zum einen das tatsächliche Alter, zum anderen einen Hinweis darauf, dass sich die oder der Befragte eigentlich jünger fühlt. Der Pass zeigt nur die halbe Wahrheit.
Bezogen auf die Außenperspektive ist dies ein alter Hut: man denke an ein Klassentreffen 25, 40 oder 50 Jahre nach dem Schulabschluss. Ein Drittel der Gesichter erscheint einem deutlich älter als man selbst. Und einige scheinen „irgendwie stehengeblieben zu sein“: sie wirken einfach jünger als sie sollten. Hier sehen wir die unterschiedliche Alterungsgeschwindigkeit von außen.
Die Zeitung Spektrum berichtet von einer Untersuchung, die das Phänomen der subjektiven – also inneren – Differenz von gefühltem und realem Alter analysiert hat.
Die Daten des Sozio-Oekonomischen Panels (SOEP) zeigen, dass die meisten Menschen sich für jünger halten als sie tatsächlich sind. Eine Forschergruppe der Berliner Humboldt-Universität ist der Frage nachgegangen, ob es sich hier um einen gleichbleibenden Trend handelt oder ob der Abstand zwischen realem und gefühltem Alter sich auch mit den Jahren verändert. Und weiter: gibt es auch generationsübergreifende Veränderungen? Die Frage nach dem subjektiven Alter wurde den Probanden zwischen 1996 und 2020 generationsübergreifend mehrfach gestellt. Und siehe da: Im Mittel fühlen sich die Befragten 11,5% jünger als sie es sind. Eine 50-jährige wird sich also eher für Anfang, Mitte 40 halten. Wobei die 11,5% einen Mittelwert darstellen. Von Jahrzehnt zu Jahrzehnt wächst die Differenz zwischen tatsächlichem und gefühltem Alter um 1,6%.
Dieser Wert steigt obendrein von Generation zu Generation. Das ist umso merkwürdiger, da das real erreichte Alter von einer Generation zur nächsten ja (zumindest statistisch) bereits angestiegen ist. Und nun fühlen sich die jungen Alten auch noch subjektiv jünger!
Interessant sind auch die Abweichungen: Frauen empfinden eine größere Differenz zwischen ihrem gefühlten und tatsächlichen Alter als Männer. Für Westdeutsche gilt der Trend stärker als für Ostdeutsche. Einsamkeit und chronische Krankheit verringern (wie ich finde sehr nachvollziehbar) den Unterschied.
Untersuchungen bestätigen, dass das subjektiv niedrigere Alter einen ernsthaften Hinweis auf Gesundheitsstand und Wohlbefinden gibt. Wer sich jünger fühlt, ist allermeist körperlich und geistig fitter als dies statistisch seinem Alter zugeschrieben wird.
Es lebe die Phantasie!
07.03.2022 | Allgemein, Arbeitswelt, Demographie, Rente, Wohlbefinden, Zukunft
Nach 25, 30 Berufsjahren packt so manchen die Frage: „Das soll´s jetzt gewesen sein?“ Denn nicht alle Berufe füllen einen aus. Nicht alle Unternehmenskulturen sind so gestrickt, dass man morgens gerne den Weg in die Firma, die Fabrik, das Büro antritt. Frührente? Nicht nur angesichts der augenblicklichen Inflation für die meisten eine No-Go-Area. Also nochmals 10,15 Jahre innere Emigration oder Stellenwechsel? Man kennt die Branche und weiß oft gut genug, dass bei der direkten Konkurrenz der Rasen auch nicht grüner gedeiht. Der notwendige Mut zum großen Neustart in einer anderen Branche ist vielen nicht gegeben. Sollte es dennoch bis zur Bewerbung reichen, wird man mit 50+ oft darauf hingewiesen, dass man ja aus einer anderen Branche käme und (das folgt dann eher zwischen den Zeilen) man ausserdem in dem Alter ja nicht mehr lernfähig und flexibel genug wäre. Die netten Hochglanzflyer aus den Personalabteilungen sind das eine. In ihnen wird Wert und Würde der alternden Workforce über den grünen Klee gelobt. Geht ja auch angesichts unserer demographischen Entwicklung kaum anders. Aber wenn der Zugriff auf junge Bewerberinnen und Bewerber möglich ist, landen die Flyer schnell im Aktenschrank.
Letzte Ausfahrt Selbstständigkeit?
„Ja eigentlich habe ich ja genug Markterfahrung, um es auch allein zu versuchen.“ So oder ähnlich mag die Kopfgeburt des Selbstständigmachens beginnen. Aber dann wird deutlich: es gibt keine Assistenz, keine Kollegen, keine Justiziarin, keine Einkaufsabteilung, kein Marketing, kein Vertrieb etc. Also alles macht man selbst und ständig! Nach diesem Gedankengang sehen viele nur noch das STOP-Schild vor dem Abbiegen auf diesen alternativen Berufsweg. Na klar, es gibt Existenzgründungshilfe vom Job-Center. Das mag für den Start reichen, aber nach kurzer Zeit befinde ich mich völlig solo im resonanzfreien Raum meiner Selbstständigkeit. Das kann so nicht funktionieren.
Nun scheint es eine ernsthafte Alternative, nein: Unterstützung für das Abbiegen in die Selbstständigkeit zu geben. Das Gründungszentrum 50plus baut auf eine wachsende Community Gleichgesinnter, mit deren Unterstützung der Weg dann doch gangbar sein könnte. Eben weil er nicht allein im resonanzfreien Raum passieren muss.
Nach dem Beitritt, der in verschiedenen (finanziellen) Schritten möglich ist, erhält man Zugang zu Sparringspartnern, Geschäftsideen, kollegialem Austausch oder Kooperationspartnern mit einem ähnlichen Mindset. Ob das alles so toll ist, muss man natürlich ausprobieren. Aber von der Grundidee her gibt es in diesem Gründungszentrum genau all das, dessen Fehlen viele vom Selbstständigmachen abgehalten hat. Ich meine, wer diesen kleinen Risikoschritt nicht zu gehen wagt, der sollte das Schnuppern an der kalten Luft der Selbstständigkeit tatsächlich lieber beenden. Das die benutzte Software „denglischt“ („Sign in“, „Text me the app“ oder „Request to join“) ist wohl ein ärgerlicher Startfehler, aber davon sollte man sich nicht zurückhalten lassen.
24.05.2020 | Allgemein, Demographie, Europa, Forschung, Wohlbefinden, Wohnen
Alternde Gesellschaften können voneinander lernen. Im europäischen Kontext tauscht man sich auch über die nationalen Erfahrungen aus, für das Leben von älteren Bürgern und Bürgerinnen angenehmere Rahmenbedingungen zu schaffen. So werden unter dem Titel “ Innovationen für ein aktives Altern durch Dienstleistungsgestaltung“ unterschiedliche Forschungsvorhaben vorgestellt. Von Bulgarien über Finnland , Polen und Deutschland haben sich Forschergruppen aus acht europäischen Ländern unterschiedliche Aspekte des Lebens im Alter vorgenommen und Lösungsvorschläge erarbeitet. Die Förderung der Sozialen Intergration und eine Sensibilisierung und Verbesserung der öffnentlichen Verwaltung stehen dabei im Vordergrund. Die EU finanziert das Projekt, das deutlich macht, dass die europäische Forschungslandschaft nicht nur mit Prestigeprojekten wie der Raumfahrt beschäftigt ist, sondern oft ganz eng an den dann doch wieder sehr ähnlichen Bedürfnissen ihrer Bürger und Bürgerinnen in den verschiedenen Ländern der EU forscht. Näheres kann man hier und hier nachlesen.
Das Alter ist nicht änderbar, aber die Rahmenbedingungen