Immer mehr erforschen das Alter

Da der Anteil der Alten (wo das anfängt, kann man beliebig individuell festlegen) an der deutschen Gesamtgesellschft laufend zunimmt, ist es kein Wunder, dass sich das wissenschaftliche Interesse am Alterungsprozeß und allem was dazugehört parallel aufwärts entwickelt. In welchem Ausmaß dies der Fall ist, könnte man sich vom 6. bis 8. September betrachten. Denn dann findet der gemeinsamen Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Gerontologie und Geriatrie (DGGG) sowie der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie (DGG) in Köln statt. Mehr als 1000 deutsche Altersforscher und Pflegekräfte werden sich versammeln. DGGG-Kongresspräsidentin Professorin Ursula Müller-Werdan benennt die Absicht: „Unser Ziel beim Kongress ist Vielfalt. Wir versuchen, einen gemeinsamen Forschungsansatz zu denken, wo man Alterskrankheiten aus den Alterungsprozessen heraus versteht – biologisch, medizinisch, psychologisch und sozial.“ Angesichts von Hauptvorträgen wie „Erfolgreiches Altern bei Hundertjährigen“ oder „Big Data im Gesundheitswesen“ ist es fast schade, dass nur Pressevertreter, aber keine Öffentlichkeit zugelassen ist. Aber vielleicht berichten ja die Medien…Wer es noch genauer wissen will, kann hier nachlesen.

Altersspaziergang als (Noch-)Baustelle

Altersspaziergang als (Noch-)Baustelle

In Hamburg gibt es (jetzt im Mai 2018) ein „soft opening“ für einen neuen Rundgang im Rahmen der Dialogreihe (Dialog im Dunkeln, Dialog im Stillen): Dialog mit der Zeit. Von einem/r älteren/r Begleiter/in geführt (68+) macht man seine Erfahrungen mit „dem Alter“. Ob das nun 70 oder 90 Jahre sind, wird nicht definiert. Das überzeugt, denn wir altern ja alle unterschiedlich. Man gerät anhand von auszuwählenden Bildern im Rahmen der Besuchergruppe mit seinen und anderen  Altersvorstellungen in den Dialog, spaziert durch erfrischend bunt gehaltene Räume, um Schwerhörigkeit, Schwachsichtigkeit und Tatter am eigenen Leibe zu erleben. Verschiedene Hilfsmittel ermöglichen den Zeitsprung in die verunsichernde  Zukunft. Projezierte Gesichter erzählen einem aus ihrem Leben und machen deutlich, dass man sich stets fragen sollte, ob man auf dem richtigen Weg ist – bevor es zu spät ist. Ein Quiz mit aktuellen Zahlen und Fakten schliesst den etwa einstündigen Rundgang ab. Das Ganze ist sympthisch und einfühlsam aufgebaut und (zumindest in unserem Fall) von einer gewinnenden Mentorenpersönlichkeit begleitet. Aber schraubende und schweißende Handwerker, fehlende Drahtverbindungen und schlechte Akustik hinterlassen den Eindruck, dass zumindest jetzt noch einiges zu erledigen ist. Bleibt zu hoffen, dass dieser Dialog bis zu seiner richtigen Eröffnung am 25. Mai noch ein wenig weiter Richtung Vollendung bearbeitet wird. Dann könnte er nicht nur für Hamburger zu einer ebenso unterhaltsamen wie bereichernden Ausflugsoption werden. Wohlgemerkt: auch für noch ordentlich junge Menschen!

Zukuft – Pfeifen im Nebel

Zukuft – Pfeifen im Nebel

Zukunftsvorhersagen haben eine lange Tradition: die Römischen und Etruskischen Auguren lasen aus Tiereingeweiden oder aus der Form von Blitzen die Zukuft ab. Der eine oder die andere wird sich beispielhaft noch an „Asterix und der Seher“ erinnern. Schon dort fiel der Zukunftsforscher nicht unbedingt duch hohe Integrität auf…
Die Figur der Weissagerin, die in einer Glaskugel mehr sieht als der interessierte Kunde, hat sich vereinzelt bis heute auf Jahrmärkten und Zirkusveranstaltungen gehalten. Zukunft war und ist halt immer spannend! Die Zukunfsforscher sind die Auguren der Jetztzeit. Zwar benötigen sie keine Kadaver, sondern Statistiken und Excel-Dateien, aber Ruf und Richtigkeit ihresTreibens haben noch immer den Hautgout der Quacksalberei. Die Geschäfte laufen dennoch gut. Welcher Politiker will schon auf gut Glück Steuergelder ohne sichere Beweislage in Zukunftsprojekte investieren?
Wie sehr Zukunftserwartungund Wirklichkeit bisweilen auseinander laufen, hat Joachim Radkau in seiner Geschichte der Zukunft (Hanser Verlag) für die Nachkriegszeit bis heute sehr ausführlich – manchmal auch ein wenig ermüdend detailverliebt – dargestellt. In jedem Falle – so die arg verkürzte These – sollte man seehr vorsichtig sein, wenn jemand mit gesicherten Prognoseergebnissen daherkommt.

Auch hiermit wird der Blick ins Morgen nicht genauer

Lange Rede, kurze Botschaft: bald gibt´s mehr Kinder und daher auch mehr Schüler. So prognostiziert jedenfalls eine neue Studie der Bertelsmann-Stiftung (https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/startseite/) den verantwortlichen Bundsländern baldige Gebäude- und Lehrerkanppheit. Steigende Geburtenraten und kontinuierliche Zuwanderung würden die 7,2 Millionen SchülerInnen, von denen die Kultusministerkonferenz für das Jahr 2025 ausgeht, um 1,1 Millionen überschreiten und die Gesamtzahl von 8,3 Millionen ergeben. Alter Schwede! Aber hatten wir nicht mal einen Ingenieursboom als niemand Ingenieure einstellen wollte? Und war da nicht auch mal von Lehrerschwemme die Rede? Und vor zwei, drei Jahren versuchten einzelne Bundesländer wie Mecklenburg-Vorpommern anderen die LehrerInnen mit frühzeitigen Verbeamtungsangeboten abspenstig zu machen. Ob die Prognose diesmal hält was sie verspricht? Die Zukunft ist halt mehr als die Verlängerung der Linie, die aus der Vergangenheit über das Jetzt ins Morgen führt. Skepsis kann da nie schaden. Sie fragen, was das jetzt mit meinem Altersthema zu tun hat. Nun ja: schaut man sich die wachsende Welle von Studien an, die ein so oder so beschaffenes Altern für die Zukunft beschwören, ist vielleicht auch hier altersweises Abwarten das bessere Mittel als der blinde Verlaß darauf, dass schon alles so kommen wird, wie vorhergesagt.Vielleicht. Merke: Die Zukunft ist offen!

Altern im Kloster – vielleicht vorbildlich

Altern im Kloster – vielleicht vorbildlich

Klöster bilden in gewisser Weise eine Avantgarde unserer Gesellschaft. Unsere – gemessen an den Herkömmlichkeiten – ungesunde demographische Entwicklung nehmen die Klöster dramatisch vorweg: fast kein Nachwuchs und immer weniger Bewohner führen zur Schliessung vieler Klosteranlagen. Dem kann man sich in stiller Demut beugen oder/und das Geschehen zum eigenen Forschungsobjekt erheben. So geschehen an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Vallendar (PTHV). Die  Ordensgemeinschaft der Pallotiner lebt vor allem in Deutschland und Österreich. Die in Vallendar beheimatete Hochschule hat interessanter Weise zwei Fakultäten, eine theologische und eine pflegewissenschaftliche. In einem gemeinsamen Projekt wird momentan der Frage des guten Alterns in den 14 pallottinische Kommunitäten (Gemeinschaften) nachgegangen. Auch wenn erst Zwischenergebnisse vorliegen, dürften sie über den kleinen Kreis der Pallotiner hinaus Interesse finden. Denn Begrifflichkeiten wie „eingeschränkte Beweglichkeit“  oder „eingeschränktes Hörvermögen“ zeigen ja keine spezifisch katholische Problematik. Und die von den Bewohnern angemerkten positiven Aspekte ihres Zusammenlebens in klösterlicher Gemeinschaft sind durchaus auf unsere Gesamtgesellschaft übertragbar: man freut sich darüber,  im Alter nicht alleine sein zu müssen. Darüber hinaus werden die Sorge füreinander sowie die materielle Absicherung durch den Orden als sehr positiv bezeichnet. Die auseinander driftende Schere von immer höheren Mieten in den Ballungsgebieten und (trotz aller politischen Nebelkerzen) sinkendem Renteneinkommen legen gemeinsames Wohnen im Alter nachhaltig nahe. Im Juni sollen weitere Forschungsergebnisse veröffnelticht werden. Aber schon jetzt wird deutlich: Klostergemeinschaften haben Vorbildcharakter für die Frage nach dem richtigen Arrangement für ein zufriedenes Leben im hohen Alter.

Reichtum und Lebenserwartung entwickeln sich parallel?

Vor einiger Zeit wurden in Deutschland Zahlen mit durchschnittlicher Lebenserwartung diskutiert. Die reiche Gemeinde Starnberg führte die durchschnittliche Langlebigkeitsliste an. Und es war ein kleinerer Ort in NRW, der die geringste durchschnittliche Lebenserwartung aufzuweisen hatte. Erwartungsgemäß lag dort auch das Wohlstandniveau unter dem Bundesdurchschnitt. Diese Daten sind natürlich ein Geschenk für die Verkünder einfacher Wahrheiten: arm stirbt man früher, reich lebt sich´s länger. Aber wie so oft ist die Wahrheit komplexer. Der Economist zeigt anhand des Beispiels USA, dass diese simple Gleichung nicht stimmt. Egal, was wir von Clinton oder Trump halten, dass Amerika ein reiches Land ist, wird niemand bestreiten. Genau so wenig steht in Frage, dass die USA eines der teuersten Gesundheitssysteme der Welt haben. Und dennoch: mit einer durchschnittlichen Lebenserwartung von 67 Jahren für Männer und 70 Jahren für Frauen sind sie die Nation mit den niedrigsten Werten aller Erstweltländer. Viel Geld allein sorgt noch lange nicht für hohe Lebenserwartung. Das Leben zeigt sich wieder einmal komplizierter. Die Forschung darf weitergehen.

Japan – so fern, so nah, so fern

Japan – so fern, so nah, so fern

In Europa spielt Deutschland in der Liga der ältesten Durschnittsbevölkerungen ganz vorne mit. Aber ganz weit weg gibt es ein Land mit durchschnittlich noch älteren Bürgern: Japan! Und Japan geht offensichtlich ganz andere Wege als wir bei der Bewältigung der demografischen Herausforderung. Traditionell ist Japan kein Einwanderungsland. Vielleicht ist es die Insellage, die das Gefühl des „Auf-sich-gestellt-Seins“ in das kulturelle Unterbewußtsein der Japaner eingeprägt hat. Jedenfalls gibt es dort kein Äquivalent zu den Polinnen, Kroatinnen oder Baltinnen, die bei uns in Seniorenwohnheimen oder im privaten Umfeld die Arbeiten verrichten, die Zuwendung geben, die nötig sind. Ohne sie hätte Deutschland ein gewaltiges Problem.

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In Japan wird mit Neugier und Fatalismus an Pflegerobotern geforscht. Viele von ihnen sind bereits im Einsatz. Ein denkbares Vorbild für uns, falls der Zustrom Pflegewilliger aus den Nachbarländern nicht anhalten sollte? Ob in persönlichen Gesprächen oder bei der Lektüre von Pflegeheimprospekten: wir sind (noch) sehr weit davon entfernt, Roboter als ernsthafte Lösungsoption für die Ressourcenkrise im Pflegebereich in Betracht zu ziehen. Ich vermute, dass dies auch mit einer unterschiedlichen Ausbildung des Schamgefühls bei Japanern und Mitteleuropäern zu tun hat. Der Gedanke, einen notwendigen Windelwechsel von einem Roboter erledigen zu lassen, erscheint uns so fremd wie den Japanern die Idee, diese heikle Aufgabe einem Menschen zu überlassen, der nicht einmal die eigene Sprache beherrscht. Der Roboter, die Maschine, ist dem einen ein Graus, dem anderen ein Segen. Erstaunlich, was für unterschiedliche Antworten verschiedene Kulturen auch noch in der Moderne auf existentielle Anforderungen des Menschen entwickeln!

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