Altern – Vom Rätsel zum Forschungsgegenstand

Altern – Vom Rätsel zum Forschungsgegenstand

Laut dpa liegen jetzt die ersten Konzepte für ein neues Forschungszentrum der Helmholtz-Gemeinschaft für Alternsforschung vor.
In Mainz soll aus unterschiedlichen Ansätzen (Biochemie, Medizin und Psychologie) die letzte Lebensphase in den Blick genommen werden. Nach früheren Angaben des für das Projekt federführenden Bundesforschungsministeriums geht es darum, wie die bereits vorhandene vielfältige Expertise in diesem Bereich sinnvoll ergänzt werden kann.
In Mainz gibt es bereits ein Krebsforschungszentrum der Helmholtz-Gemeinschschaft und natürlich Biontech, dessen Hauptforschungsinteresse ebenfalls der Krebsbehandlung gilt. Diese Forschungsdichte wird für das Forschungsvorhaben sicherlich hilfreich sein.

Ampel mit Mainzelmännchen

Es geht voran in Mainz  –      Bild von Grrregorrr auf Pixabay

«Resilientes Altern ist wichtig für eine Gesellschaft, die immer komplexere Aufgaben zu lösen hat», sagte Klaus Lieb – Mainzer Resilienzforscher und Psychiater – im Gespräch mit dpa zur Bedeutung dieser Forschung. Manche Menschen hätten mit 85 oder 90 Jahren ähnliche kognitive Fähigkeiten wie junge Menschen. «Die Alten sind zwar insgesamt eher langsamer als Jüngere. Aber sie können dies ausgleichen, indem sie auf mehr Erfahrungswissen zurückgreifen. Sie sind komplexer verdrahtet.» Ein vielversprechender Forschungsansatz will erkunden, welche biochemischen Mechanismen es gibt, die resilientes Altern befördern.

Optimismus lohnt: Das Glas ist halbvoll!

Optimismus lohnt: Das Glas ist halbvoll!

Ein interessanter Effekt, der das Altern angenehmer und das Leben länger machen kann, taucht in den neueren Diskussionen immer häufiger auf: Optimismus. Also ein psychologischer Aspekt, der nichts mit den üblichen Thesen zu Essen, Trinken, Bewegen und Sozialisieren zu tun hat. So berichtet die Wissenschaftsseite des MDR über einen Forschungsbeitrag in dem renommierten Journal of the American Geriatrics Society. Ein optimistischer Blick auf das, was kommt, kann das Leben um 4,4 Jahre (oder 5,4 %) verlängern. Dass jemand, der sich durch seine letzten Jahre durchnörgelt, wahrscheinlich diese nicht gerade genießt, liegt auf der Hand. Umgekehrt wird jene/r, die/der das Glas für halbvoll erklärt, die Widrigkeiten, die das Alter nun einmal mit sich bringt, für unausweichlich halten. Eine Form von (vielleicht auch ironischem) Fatalismus dürfte die daraus resultierende Lebenshaltung sein. Und diese Freundlichkeit zu sich zahlt das Leben wohl bar zurück.

 

Lachende Emojis signalisieren Optimismus

Dreimal Lachen hilft                                                                                                                                                        – Photo by Tim Mossholder on Unsplash

 

Der genannte Artikel bezieht sich leider nur auf 158.861 Frauen, mit denen die Studie gearbeitet hat. Aber bei allen Unterschieden zwischen den Geschlechtern: warum sollte die innere Haltung bei Männern andere Folgen haben als bei Frauen? Wer sich nun als tendenziellen Pessimisten sieht, muss nicht den Kopf in den Sand stecken. Sie oder er kann mit Hilfe von Fachliteratur oder therapeutischer Unterstützung durchaus damit rechnen, (wieder) häufiger ein Lächeln auf die Lippen zu bekommen. Wobei die Grundfrage natürlich bestehen bleibt, ob man überhaupt an „mehr Jahren“ im Leben interessiert ist.

Diät lass nach!

Diät lass nach!

Endlich gibt es nach den vielen Verzichtsappellen auch mal wieder Gourmetfreuden, die nicht nur mit dem Altwerden kompatibel zu sein scheinen, sondern dieses vielleicht in Massen zu verlangsamen vermögen. Wenn man der Botschaft Glauben schenken mag. Zink hat eine neue, den Alterungsprozess verlangsamende Funktion zugesprochen bekommen. Einige Studien – zuletzt an der Universität Nürnberg-Erlangen – belegen, dass Zink im genannten Sinne hilfreich sein kann. Aber Zink muss an andere Stoffe gebunden werden, denn sonst funktioniert das komplexe chemo-physikalische Adaptionsverfahren seiner helfenden Kräfte in unserem Organisamus nicht. Und die Stoffe, die Zink für uns fruchtbar machen können, sind – man höre und freue sich: Schokolade, Kaffee, Tee und Wein. Letzterer allerdings mit mögichst wenig Alkohol. Die Details verstehen wohl nur einen kleinen Kreis von Nahrungsexperten. Interessanter ist, dass die Studienleiterin aus Erlangen, Prof. Ivana Ivanovíc-Burmazovíc, es für möglich hält, dass wir bald mit Zink versetzte Varianten der oben genannten Nahrungsmittel im Supermarkt finden werden.

Noch ohne Zink: der Kaffee aus Sansibar.

Also vielleicht sollten wir schon 2019 darauf achten, ob unser Kaffee im Kleingedruckten den Hinweis „mit Zink angereichert“ trägt. Wohl bekomm’s.

Nemo und wir

Nemo und wir

Durch den Clownfisch aus den Pixar-Studios, Nemo, haben viele etwas über die enge Symbiose von Seeanemone und Clownfischen gelernt. Das schien und scheint aber wenig bis gar nichts mit uns zu tun zu haben. Ein grosser Irrtum. Wir selbst sind als Individuen Wirte für Millionen und Milliarden von Kleinstlebewesen, die uns – meist zum gegenseitigen Vorteil – besiedeln. Man kann nicht behaupten, dass dies Faktum besonders im Fokus von Tagesjournalismus oder Wissenschaft liegen würde. Heute aber kommt der Hinweis, dass die Universität zu Jena fünf Millionen Euro Fördergeld von Bund und Land bekommt, um das Verhältnis von Mensch, seinen Bewohnern und ihrer Wirkung auf das Alter zu untersuchen. Der Name des neuen Forschungsschwerpunktes lautet „Mikrobiom und Altern“. Wobei „Mikrobiom“ der Fachtitel für das Gebrause und Gesumse in und auf uns ist. Ob hier neue Kausalketten entdeckt werden, die mit dem Alterungsprozess verbunden sind?

Nemo und die Seeanemonen haben mehr mit uns gemeinsam als wir glaubten

Man darf gespannt sein. Vielleicht hält uns der Informationsdienst Wissenschaft auf dem Laufenden. Jedenfalls kommt mit dem Mikrobiom ein neuer Akteur auf die Bühne des Alterns. Bewegung, Ernährung, Sozialaktivitäten: das hatten wir ja alles schon. Dass nun andere an Fortentwicklung oder Verkalkung unserer Muskeln und Nerven massgeblich beteiligt sind, schlägt m.E. ein neues, spannendes Kapitel in unserem Buch des Alterns auf.

Brutal gegen das Altern

Brutalismo ist ein Begriff, der Teile der unter dem Faschismus entstandenen Architektur – vor allem in Italien – zusammenfaßt. Mir fiel dieser Begriff ein, als ich in der FAZ einen Artikel über die Bemühungen im Silicon Valley las, dem Alter ans Genick zu gehen. Es klingt nach der gleichen naturwissenschaftlichen Begeisterung, mit der die Kernfusion studiert oder Furunkelmedikamentierung evaluiert wird. Bin ich einfach zu sensibel? Wollen nicht alle/die meisten/viele das Alter und den Tod in weitest möglicher Distanz halten? Dennoch überkam mich ein gewisser Schauer als ich vom Einfrieren jugendlicher Stammzellen las, die im Alter (wo die körpereigenen weniger multifunktional und ohnehin seltener vorkommen) den mehr oder minder hinfälligen Körper wieder mit eigener Jugend verjüngen sollen. So eine Art Eigenblutdoping in neuer Qualität. Damit würde das Altern zu einer Art alternativem Sportwettkampf. Nun, auch die Wahrheit hierzu mag im Auge des Betrachters liegen. Ein anderes im Valley beheimatetes Unternehmen mit dem vielversprechenden Namen Ambrosia bietet älteren Menschen Blutspenden von Jugendlichen und Jungerwachsenen zum Preis einiger tausend Dollar an. Wollen wir das als Anregung aufnehmen? Aber lesen Sie selbst.

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