Die Zahl der an Alzheimer Erkankten wird sich verdreifachen

Die Zahl der an Alzheimer Erkankten wird sich verdreifachen

Demenz und Alzheimer sind längst bekannte Alterserkrankungen. Eine Reihe von Ansätzen, wie man sie eingrenzen oder sogar stoppen kann, gibt es. Bislang hat aber keiner dieser Ansätze zu einem Durchbruch geführt. Daher ist es vernünftig, der Prävention besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Emma Nichols von der University of Washington geht von einem Wachstum der demenzverwandten Krankheiten von 57 Millionen 2019 auf 153 Millionen weltweit Erkrankte im Jahre 2050 aus. Also beinahe eine Verdreifachung. Allerdings fällt die Zunahme regional sehr unterschiedlich aus. Europa und die fortgeschrittenen Teile Amerikas und Asiens werden bedeutend niederige Steigerungsraten sehen als Afrika und der arabische Raum. Japan – jetzt schon überaltert – wird mit nur 27% die geringste Zunahme prognostiziert.

Denken fällt schwer

Alzheimerportrait von Rad Cyrus, unsplash: „Kommt der Gedanke noch?“

Warum diese Unterschiede? Demographische Entwicklungen, Aufklärungsarbeit und kulturelle Prägungen ergeben hier ein Begründungsstrang, der nicht einfach aufzulösen ist. Beispielsweise zeigen sich Deutschlands Gesundheitswächter momentan besonders sensibel für die Folgen von Alkohol. Die Gefahr für unser Leben wird mit immer detaillierteren Studien belegt. Alkohol wird bei uns auch gerne als Mitverursacher von Demenz und Alzheimer genannt. Alkohol – so kann man sagen – hat mittlerweile den Tabak als Hauptbösewicht abgelöst. Aber im arabischen Raum ist Alkohol aus religiösen Gründen verpönt. Dennoch werden hier die höchten Wachstumsraten für Alzheimer und Co. angenommen. Alles-über-einen-Kamm-Scheren funktioniert also nicht. Daher konzentrieren sich die kulturübergreifenden Präventionsempfehlungen auf vier Kernfaktoren, deren begünstigender Einfluß auf die Entwicklung der „Vergessenskrankheiten“ unstrittig ist: Rauchen, Übergewicht, geringe Bildung und zu hoher Blutzuckerspiegel. Das sind sicherlich Hinweise, die der einzelne ernstnehmen oder – bei günstigen Voraussetzungen – auch umsetzen kann. Selbstverantwortung schön und gut. Aber der Staat darf sich auch nicht wegducken. So zitiert das Wissenschaftsmagazin scinexx das US-amerikanische Fachblatt The Lancet mit den Worten: „Vor allem Länder mit geringem und mittlerem Einkommen sollten nationale Programme initiieren, um ihrer Bevölkerung Bildung und eine gesunde Lebensweise zu ermöglichen und nahezubringen“, sagt Koautor Theo Vos von der University of Washington. „So ist es wichtig, strukturelle Ungleichheiten beim Zugang zu Gesundheits- und Sozialversorgung anzugehen, vor allem angesichts einer immer älter werdenden Bevölkerung.“ (The Lancet Public Health, 2022; doi: 10.1016/S2468-2667(21)00249-8)

Besser gebildet = später dement?

Besser gebildet = später dement?

Demenz ist eine Krankheit, der man bislang nur bedingt etwas entgegensetzen kann. Wenn wir das Gehirn als eine Art Muskel verstehen, ist regelmässiges Training sicher kein Fehler. Aber auch keine Garantie, keine Demenz zu bekommen. Ob studierte Menschen generell klügere Menschen sind, bezweifle ich stark. Jedoch legt nun eine Studie der Universität Umeå in Schweden (Spektrum deer Wissenschaft berichtet) nahe, dass Studierte tatsächlich mit höherer Wahrscheinlichkeit später Demenz bekommen als weniger Gebildete. Der aktive Aufbau von Wissen führt auch rein physisch zu einer größeren Wissensbasis. Der Abschmelzprozess wird „Hirnatrophie“ genannt. Dieser Verlust an Hirnvolumen geht sowohl mit normalen als auch mit krankhaften Alterungsprozessen (z.B. Demenz) einher. Mit dem Alter verkleinert sich das Volumen in Teilen der Großhirnrinde. Dasselbe galt für das Lern- und Gedächtniszentrum des Gehirns, den Hippocampus: Er schrumpfte um etwa 50 Kubikmillimeter pro Jahr, was rund ein Prozent seines Volumens ausmacht. Dieser Schrumpfungsprozess verläuft bei allen Menschen im Grunde gleich. Wer nun früher viel gelernt hat, hat einen größeren Vorrat, wird also auch bei identischer Abschmelzgeschwindigkeit noch mehr „Hirn“ haben als jene, die weniger gelernt haben. Also hat auch unnützes Lernen und Wissen zumindest im Alter seine positiven Seiten. Damit könnte man doch mal lernunwillige Studenten und -innen als „Extra-Lernmöhre“ zu locken versuchen.

Leuchtschrift: use your brain

Photo by Jesse Martini on Unsplash

 

 

Kleine Helferlein für das schwindende Erinnerungsvermögen

Kleine Helferlein für das schwindende Erinnerungsvermögen

Hier geht es nicht um Alzheimer, sondern schlicht und einfach darum, dass wir mit zunehmendem Alter feststellen müssen, dass unser Kurzzeitgedächtnis nicht mehr so leistungsfähig ist wie früher. Beispielsweise machen wir die Kellertür auf, steigen abwärts, drehen den Lichtschalter…und fragen uns, was wir hier unten denn eigentlich gewollt haben. Ärgerlich. Ist uns früher zumindest seltener passiert. Aber das ist kein Grund zu höherer Unruhe. Mein Arzt sagte mir, auch ab und zu auftauchende Wortfindungsstörungen wären kein dramatisches Zeichen in Richtung Alzheimer oder Demenz. Nur wenn ich einen Löffel in der Hand halte und mich fragen müsste, was ich damit denn anfangen könnte, ist Gefahr im Verzug! Wenn also die Muskel, Gelenke und Hautopberfläche schwächer werden, erstaunt es nicht, dass zumindest Teile unseres Gehirns sich diesem Negativtrend anschliessen. Das ist zwar doof, aber tragisch ist etwas anderes. Was kann man tun? Natürlich trainieren, aber das liest man ja an jedem Kiosk. Selbstdisziplin ist heute aber nicht das Thema.

 

Simuliert die schwindende Erinnerungsfähigkeit

                             Hmmm, da war doch was… oder?

 

Es gibt kleine Helferlein, die uns an der einen oder anderen Ecke dabei unterstützen können, Dinge wiederzufinden, die wir mit zunehmender Tendenz verlegen. Brillen, Handys, Schlüssel etc. Nun gibt es eine ganze Reihe von digitalen Zwergen, die wir beispielsweise nur an unserem Schlüsselbund anbringen müssen und schon können wir via Handy nachgucken, wo wir die blöden Schlüssel nun schon wieder verlegt haben. Das finde ich sehr erleichternd. Ganz aktuell ist auf der Internetseite techstage ein Vergleichstest über die verschiedenen Vor- und Nachteile dieser Helferlein nachzulesen. Ähem…wenn es Sie interessiert, schauen Sie lieber gleich mal vorbei – sonst haben Sie es vielleicht wieder vergessen…

Eine Demenz-Geschichte aus der Angehörigenperspektive

Eine Demenz-Geschichte aus der Angehörigenperspektive

Geschichten aus der Betroffenheitsperspektive haben den Vorteil, dass man im glücklichen Fall als Leser den Eindruck gewinnen kann, teilnehmender Beobachter an einer schicksalhaften Entwicklung zu sein. Der diese Haltung begleitende Distanzmangel zum Geschehen behagt allerdings nicht jedem Leser. Andererseits bleibt die Frage offen, in wieweit das jeweilige Leben bzw. sein Krankheitsbild nun tatsächlich “repräsentativ” genannt werden kann.

Der private Blick ins Demenzchaos

In diesem Buch lernen wir anhand der Krankheitsentwicklung der Autorenmutter Clara Wolff eine spezifische Art von Demenz kennen, die Lewy-Körper-Demenz. Ja, es gibt nicht nur die Alzheimer-Demenz, sondern neben der genannten noch eine weitere Erscheinungsform, deren Nachweis offensichtlich nicht ganz so einfach ist wie bei der Mehrheitsdemenzform Alzheimer. Der frustrierende Besuch des Autors mit seiner Mutter bei mehreren Ärzten und Klinken macht dem Leser deutlich, dass selbst die sogenannten Fachleute vielfach mit der Diagnose dieser besonderen Spielart der Krankheit zumindest anfänglich überfordert sind. Wobei die wahrnehmbaren Fehlfunktionen der “Heldin” sich – zumindest für den Laien – nicht von üblichen Demenz-Geschichten unterscheiden. Diese ist tragisch und traurig, auch wenn der Autor einige komische Aspekte und Begebenheiten mit besonders liebendem Blick erzählt. Der Weg vom gelegentlichen Vergessen, über die Desorientierung in den eigenen vier Wänden, die nächtlichen Ausflüge ins nichts, die schamvoll erfundenen Begründungen für seltsames Verhalten bis zum fast totalen Verschwinden der geliebten Person in einem unzugänglichen Paralleluniversum, in dem nur noch die Königin ohne Land regiert, entsprechen dem, was man landläufig über Demenz und ihre Entwicklung weiß. Für jene, die sich das erste Mal mit dem Thema beschäftigen, mag diese Entwicklungsgeschichte erschreckend, ja niederschmetternd sein, weil der Prozess zwar seine Pausen einlegt, aber der Weg ins totale Vergessen keinen Richtungswechsel kennt. Eine Persönlichkeit verschwindet. Der allgemeine Kenntnisstand zum Thema Demenz wird hier aber nicht erweitert. Die schlecht aufgelösten Schwarz-Weiß-Bilder, die scheinbar willkürlich in den Text eingesprenkelt sind, verwirren eher als dass sie für grössere Anschauung sorgten. Das muss man dem Verlag anlasten. Aber gegenüber einer trockenen Statistik oder einem schlichten Phasenmodell zeichnet sich diese Demenz-Biographie durch den leidenden Blick des Angehörigen aus. Wobei mir eine literarisch aufgearbeitete Fassung wie Martin Suters Small world bewegender erscheint.
Peter Wolff: Frau Wolff wird wunderlich. Ernst Reinhardt Verlag, München 2019.

Fehlende soziale Aktivität scheint Alzheimer zu befördern

Fehlende soziale Aktivität scheint Alzheimer zu befördern

 

Image by tillburmann from Pixabay

Im Online-Magazin heilpraxis wird von einer Studie aus USA berichtet, die die Verbindung von sozialer Aktivität und Alzheimer in den Fokus genommen hat. 217 Frauen und Männer zwischen 63 und 89 Jahren wurden am Brigham and Women’s Hospital in Boston  untersucht. Gemeinsam war ihnen ein relativ hohes Aufkomen von Amyloid-β-Proteinen im Gehirn. Diese gelten in der Fachwelt als Frühindikatoren für anrollenden Alzheimer. Sie verlangsamen die Kommunikation zwischen den Neuronen, da sie sich als eine Art Plague zwischen sie legen. Alle Teilnehmer wurden zu ihrer (analogen) Kommunikationsintensität befragt. Bindung im Familien- und Freundeskreis zählen hier genauso dazu wie aktives Engagement zu Gunsten anderer, also die Beschäftigung mit (ehrenamtlichen) Aufgaben mit hoher sozialer Intensität. Die kognitiven Leistungen der Teilnehmer wurden zu Beginn der Studie und drei Jahre später aufgenommen und verglichen. Der kognitive Leistungsabfall bei den sozial weniger aktiven Teilnehmern war erkannbar grösser als bei denen, die in einem sozial aktiven Umfeld lebten. Nun ist eine Statistik nicht gleich ein felsenfester Beweis, da Rahmenbedingungen und Ausschlüsse von Teilnehmern das Ergebnis womöglich verzerren. Auch ist die Zahl von 217 Teilnehmern nicht so, dass man von Respräsentativität sprechen könnte. Aber ein kritischer Blick auf die Dichte und Intensität des eigenen sozialen Netztes ist bestimmt nicht verkehrt. Gespräche und Auseinandersetzungen sind wie Terminvereinbarungen und Besuche per se anstrengend.Dass Anstrengung zur Übung gehört ist eine Binse. Und das Gehirn funkltioniert wie ein Muskel: Training hilft. Kein Training führt zu nachlassenden Leistungen. Tja, wen wollten wir doch gleich mal wieder anrufen?

Altersspaziergang als (Noch-)Baustelle

Altersspaziergang als (Noch-)Baustelle

In Hamburg gibt es (jetzt im Mai 2018) ein „soft opening“ für einen neuen Rundgang im Rahmen der Dialogreihe (Dialog im Dunkeln, Dialog im Stillen): Dialog mit der Zeit. Von einem/r älteren/r Begleiter/in geführt (68+) macht man seine Erfahrungen mit „dem Alter“. Ob das nun 70 oder 90 Jahre sind, wird nicht definiert. Das überzeugt, denn wir altern ja alle unterschiedlich. Man gerät anhand von auszuwählenden Bildern im Rahmen der Besuchergruppe mit seinen und anderen  Altersvorstellungen in den Dialog, spaziert durch erfrischend bunt gehaltene Räume, um Schwerhörigkeit, Schwachsichtigkeit und Tatter am eigenen Leibe zu erleben. Verschiedene Hilfsmittel ermöglichen den Zeitsprung in die verunsichernde  Zukunft. Projezierte Gesichter erzählen einem aus ihrem Leben und machen deutlich, dass man sich stets fragen sollte, ob man auf dem richtigen Weg ist – bevor es zu spät ist. Ein Quiz mit aktuellen Zahlen und Fakten schliesst den etwa einstündigen Rundgang ab. Das Ganze ist sympthisch und einfühlsam aufgebaut und (zumindest in unserem Fall) von einer gewinnenden Mentorenpersönlichkeit begleitet. Aber schraubende und schweißende Handwerker, fehlende Drahtverbindungen und schlechte Akustik hinterlassen den Eindruck, dass zumindest jetzt noch einiges zu erledigen ist. Bleibt zu hoffen, dass dieser Dialog bis zu seiner richtigen Eröffnung am 25. Mai noch ein wenig weiter Richtung Vollendung bearbeitet wird. Dann könnte er nicht nur für Hamburger zu einer ebenso unterhaltsamen wie bereichernden Ausflugsoption werden. Wohlgemerkt: auch für noch ordentlich junge Menschen!

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn Sie diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwenden oder auf "Akzeptieren" klicken, erklären Sie sich damit einverstanden.

Schließen