Die Deutschen werden immer älter und bekommen zu wenig Kinder. Das ist bekannt. Aber was bedeutet das für die Pflegebedürftigen von heute und morgen? Kurz gesagt: potentielle Armut. Die Pflegeversicherung wurde 1995 eingeführt. Das heißt, dass viele der jetzt Pflegebedürftigen wenig oder gar nichts in diese Versicherung eingezahlt haben. Das ohnehin unterfinanzierte System blutet jetzt bereits aus. Es verlangt nach Reformen.
Die shz beruft sich auf den Pflege- und Finanzexperten Bernd Raffelhüschen. Dieser meint, dass sich das Verhältnis von häuslicher und stationärer Pflege drastisch ändern werde: heute werden acht von zehn Pflegebedürftigen zuhause gepflegt. Lediglich zwei in einer Einrichtung. Die Tendenz ginge – so Raffelhüschen – Richtung halbe/halbe. Die Durchschnittsrente beträgt heute 1.500€. Dem stehen durchschnittliche Heimpflegekosten von 2.600 € gegenüber. Die Schere wird weiter auseinandergehen. Wo soll das Geld herkommen?
Die Rechtslage
Angespartes Vermögen wird zur stationären Pflege hinzugezogen, wenn die Rente nicht ausreicht. Ein gesetzlich garantierter Schonbetrag ausgenommen. Dann ist – falls gegeben – der Verkauf von Wohnung oder Haus fällig. Es sei denn, der Partner oder die Partnerin wohnt noch dort. Eine vorzeitige Überschreibung an das Kind oder die Kinder ist nur dann hilfreich, wenn diese mindestens 10 Jahre vor der Pflegefälligkeit getätigt wurde. Sonst tritt eine „Schenkungsrückforderung“ in Kraft. Wer also gespart hat und sich seinen Klein-Häuschen-Traum erfüllt hat, wird genauso zur Kasse gebeten wie ein Immobilienmogul. Wer Sparen für überflüssig oder nicht nötig oder möglich gehalten hat, bekommt hingegen Unterstützung aus der staatlichen Sozialkasse. So undifferenziert scheint mir dies nicht das Maximum an möglicher Gerechtigkeit zu sein.
Aber weiter:
Kinder, die mehr als 100.000 € Jahreseinkommen beziehen (§ 94 Abs. 1a SGB XII), werden seit 2020 zur Deckung der Lücke verpflichtet. Wie immer, gibt es auch hier gesetzliche Ausnahmen. So ist z.B. ihr möglicher Immobilienbesitz davon aber nicht betroffen.
Und nun?
Die häusliche Pflege ist für die Angehörigen mit Verlust von Karrieremöglichkeiten, also langfristigem Gehaltsverlust verbunden. Die Option, Pfleger oder Pflegerinnen ins Haus zu holen, wird – mangels Unterbringungsmöglichkeit auf der einen Seite, mangels Personal auf der anderen Seite – immer schwieriger.
Wenn wir uns möglichst viel Mühe geben, körperlich, sozial und geistig fit zu bleiben, löst dies nicht das Problem, aber es wird ein bisschen überschaubarer. Die Hoffnung, dass der Staat sich der Sache annehmen wird, läuft ins Leere. Schon jetzt belaufen sich die Zahlungen des Bundeshaushaltes in das marode Rentensystem auf rund ein Viertel des Gesamtetats. Alles nicht so rosig!