Gespräch mit einer Trauerrednerin, Teil 2
DG: Das ist schön, liebe Frau Arndt, dass Sie sich nochmals die Zeit nehmen konnten, mir ein paar weitergehende, eher pragmatische Fragen zu Ihrer Berufsausübung zu beantworten. Machen wir also gleich weiter:
DG: Den zuständigen örtlichen Pastor kann ich ja schnell ermitteln. Wie aber kann ich mit Ihnen Kontakt aufnehmen?
UA: Die meisten Trauerredner/innen arbeiten selbstständig und sind mit ihren Websites im Internet leicht zu finden. Viele von uns kooperieren eng mit einigen Bestattern und werden über diese den Angehörigen empfohlen. Wer sich also noch nicht an ein Beerdigungsunternehmen gewandt hat, kann jederzeit eines anrufen, das ihm/ihr zusagt und vertrauenswürdig erscheint, und dieses um eine Empfehlung bitten. Wichtig ist das Gefühl, dass die Chemie stimmt. Wenn das nicht der Fall ist, unbedingt die Dienstleisterin, also mich oder das Institut, wechseln, auch wenn der Kontakt schon fortgeschritten sein sollte. Niemandem ist geholfen, in dieser sehr wichtigen Lebens- und Übergangssituation nur etwas aushalten zu müssen und sich nicht gut versorgt zu fühlen.
DG: Mit welchem Hauptanliegen wenden sich die Angehörigen an Sie?
UA: Sie möchten, dass die Individualität der/des Verstorbenen aufleuchtet und die Erinnerungen an gemeinsame Zeiten geweckt werden und diese sie im Moment des Zuhörens trösten. Sie fühlen, dass sie sich weiterhin verbunden fühlen und dies ein natürliches Bedürfnis ist, das sie sich nicht abschneiden müssen. Sie möchten lachen, traurig sein, den Abschiedsschmerz fühlen und sich in Gemeinschaft wissen. All diese Momente spreche ich in meiner Rede an, all diese Bedürfnisse haben Platz. Sie möchten nicht – wie bei vielen konservativen und konfessionellen Bestattungen – mit der Enttäuschung nach Hause gehen, dass von der einzigartigen, geliebten Person gar nicht die Rede war, und sie stattdessen nur mit Bibelpassagen oder nichtssagenden Biografieabrissen bedacht wurden. Unsere Elterngeneration noch fühlte sich zwar nicht gesehen und ernst genommen, traute sich aber nicht, dies zu kritisieren. Das ist heute anders.
DG: Was muss ich als Kunde tun, wenn ich Sie engagiere? Worauf muss ich gefasst sein?
UA: Meine Praxis ist genau anders herum als im kirchlichen Kontext. Ich mache keinerlei Vorgaben, sondern biete Ihnen Zeit und Raum, mir all Ihre Wünsche, Ängste und Vorstellungen, auch ganz neue Ideen, mitzuteilen. In unserem Gespräch können Sie sich einfach nur erinnern, und wer in der Lage ist, sammelt zuvor ein bisschen Material, das beim Schreiben hilfreich sein könnte. Aber das pure Erzählen reicht völlig. Die französische Rabbinerin Delphine Horvilleur hat das Treffen mit den Angehörigen und die gemeinsame Vorbereitung der Trauerfeier als „heilige Augenblicke“ beschrieben – und genauso empfinde ich es auch.
DG: Wie sehen Sie sich selbst im Gespräch mit Ihren Kunden um Trauer und Abschied?
UA: Ich verstehe mich als eine Membran für die Trauernden, die von all ihren Erinnerungen, ihrem Abschiedsschmerz und ihren Hoffnungen bewegt wird und diese anschließend der gesamten Gemeinde in der Trauerfeier selbst zurückgeben darf. Ich erfinde ja nichts, um den Trauernden Neues zu erzählen. Es ist eher ein Übersetzen dessen, was sie gesagt haben, sodass sie es anders hören können. Den Angehörigen kommt der eigene Bericht zu Ohren, aber über eine andere Stimme, meine Stimme. Manchmal lassen sich danach die Leben der Verstorbenen in einem ganz anderen Licht betrachten, werden plötzlich verständlicher.
DG: Für die Begleitung durch einen Pastor bezahlte die Verstorbene ihre Kirchensteuer. Wieviel muss ich für eine Trauerrednerin einkalkulieren?
UA: Von Kolleginnen und aus dem Internet weiß ich, dass die Trauerrede zwischen 190 und 650 Euro netto betragen kann. Die Unterschiede ergeben sich durch die Region, in der Sie tätig sind, durch die Zusammenarbeit mit den Bestattungsinstituten und durch die Qualität beziehungsweise das jeweilige Alleinstellungsmerkmal der Rednerin.Meine Arbeitsweise und meine Ansprüche an die Textqualität sowie meine Aufgabe als Trauerbegleiterin (der ersten Schritte auf dem Trauerweg der Angehörigen) unterscheiden sich von denen der Kolleginnen. So ergibt sich ein anderer Zeitaufwand als der dort publizierte von einer Handvoll Stunden pro Auftrag. Was bedeutet, dass ich im Durchschnitt eher drei bis vier Handvoll Stunden für die Angehörigen und die Rede aufbringe.
DG: Wann sind Sie erreichbar, und wieviel Vorlauf brauchen Sie für Ihre Reden?
UA: Wie wir leider wissen: Der Tod hält sich nicht an Pläne und kennt keine Sonntage. Also sind wir fast durchgehend erreichbar, besonders wenn sich Menschen in Not und hilflos fühlen. Erste Informationen und Beruhigen stehen dann an erster Stelle. Ich möchte das Gefühl vermitteln: Von nun an ist da jemand, der mich zuversichtlich und vertrauenswürdig auf diesem neuen Weg begleitet und beschützt. Jemand, dem ich meine Familiengeschichte für diesen Moment in die Hände legen darf.
DG: Herzlichen Dank für das Gespräch!
Ute Arndt I Trauerreden und Trauerbegleitung I www.ute-arndt.de