Japan – so fern, so nah, so fern

Japan – so fern, so nah, so fern

In Europa spielt Deutschland in der Liga der ältesten Durschnittsbevölkerungen ganz vorne mit. Aber ganz weit weg gibt es ein Land mit durchschnittlich noch älteren Bürgern: Japan! Und Japan geht offensichtlich ganz andere Wege als wir bei der Bewältigung der demografischen Herausforderung. Traditionell ist Japan kein Einwanderungsland. Vielleicht ist es die Insellage, die das Gefühl des „Auf-sich-gestellt-Seins“ in das kulturelle Unterbewußtsein der Japaner eingeprägt hat. Jedenfalls gibt es dort kein Äquivalent zu den Polinnen, Kroatinnen oder Baltinnen, die bei uns in Seniorenwohnheimen oder im privaten Umfeld die Arbeiten verrichten, die Zuwendung geben, die nötig sind. Ohne sie hätte Deutschland ein gewaltiges Problem.

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In Japan wird mit Neugier und Fatalismus an Pflegerobotern geforscht. Viele von ihnen sind bereits im Einsatz. Ein denkbares Vorbild für uns, falls der Zustrom Pflegewilliger aus den Nachbarländern nicht anhalten sollte? Ob in persönlichen Gesprächen oder bei der Lektüre von Pflegeheimprospekten: wir sind (noch) sehr weit davon entfernt, Roboter als ernsthafte Lösungsoption für die Ressourcenkrise im Pflegebereich in Betracht zu ziehen. Ich vermute, dass dies auch mit einer unterschiedlichen Ausbildung des Schamgefühls bei Japanern und Mitteleuropäern zu tun hat. Der Gedanke, einen notwendigen Windelwechsel von einem Roboter erledigen zu lassen, erscheint uns so fremd wie den Japanern die Idee, diese heikle Aufgabe einem Menschen zu überlassen, der nicht einmal die eigene Sprache beherrscht. Der Roboter, die Maschine, ist dem einen ein Graus, dem anderen ein Segen. Erstaunlich, was für unterschiedliche Antworten verschiedene Kulturen auch noch in der Moderne auf existentielle Anforderungen des Menschen entwickeln!

Rollator – ganzseitig beworben

Anfang 2008 wurde an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass Tchibo sich mit einem ganzen Fenster der „Grundausstattung“ des vierten Lebensabschnittes gewidmet hatte. Nun zieht Aldi nach: zumindest bei Aldi-Nord wird es in der kommenden Woche Rollatoren, Duschhocker, Badewannensitze, orthopädische Drehkissen und Gehstöcke bzw. Greifarme zu Preisen geben, die den florierenden Fachhändlern das Wasser in die Augen treiben dürfte,. Tja, die Altersausstattungsnische scheint den Pflege- und Vitalhäusern genommen zu sein. Denn die Discounter-Komnkurrenz wird mit Sicherheit nachziehen. Aber, liebe Fachgeschäfte: Sie agieren in einem wachsenden Markt. Nur zwingt der Preiskampf jetzt zu weitergehenden Überlegungen hinsichtlich der Kundenorientierung. Was können Sie, was die Discounter nicht könen? Ich denk, das ist nach wie vor eine ganze Menge. Sorgen braucht man sich also nicht zu machen, auch wenn das hohe Alter mit seinen Einschränkungen nun offiziell großdiscounterfähig geworden ist.

Freiheit UND Sicherheit

Wenn ich im Kreis meiner Familie, aber auch bei den Eltern von Freunden und Freundinnen die Debatte um die richtige Wahl des vermutlich letzten Wohnortes zusammenfasse, dann geht es genau um diese (scheinbaren) Antipoden: Freiheit und Sicherheit. Auch von den mir bekannten Witwern und Witwen möchten die wenigsten vorzeitig die Freiheit des alten und bekannten Wohnsitzes aufgeben, um der Sicherheit in einem neuen Alten- oder Pflegeheim teilhaftig zu werden. Nein, die Waagschale neigt sich stets auf die Seite der Freiheit. „Meine Wonung“, „mein Umfeld“, „mein Garten“, „meine Nachbarn“…Das Bekannte und Gewohnte bildet die entscheidenden  Kriterien aus, die zu einem Festhalten um fast jeden Preis am angestammten Wohnsitz führen. Nur Unzufriedenheit mit baulichen Änderungen, Wegzug von verlässlichen Nachbarn oder Ausfälle im weiteren sozialen Netz – zum Beispiel der arbeitsbedingte Wegzug von Kindern – kann zu einer nicht aus der Not geborenen Entscheidung für einen Umzug in – im weitesten Sinne – eine Art betreuten Wohnens führen.

In der Regel pendelt die Waagschale erst dann weg von der Feiheit und hin zur Sicherheit, wenn existentielle Ängste einsetzen: „ich schaff´es nicht zur Toilette“, „und wenn ich nicht mehr aus dem Bett komme?“, „sollte ich hinfallen, komme ich wohl nicht mehr alleine hoch“. Und die so aus solcher Not geborenen Entscheidungen für das Verlassen des vertrauten Heims führen verständlicher Weise nicht gerade zur Vorfreude auf die neuen vier Wände.

Mittlerweile scheinen aber auf technischem Gebiet so zuverlässige Melde- und Notknopfysteme entwickelt worden zu sein, dass der Abschied aus den vertrauten Räumlichkeiten durchaus noch aufgeschoben werden kann. Eine gute Übersicht über ein beispielhaftes Leistungsspektrum aus diesem Bereich kann man sich hier einmal ansehen. Die Kosten dafür sind in jedem Fall deutlich niedriger als das Wohnen in einer wie auch immer ausgestatteten Einrichtung. Dass nun sogar die Pflegekassen diese Kosten übernehmen, sehe ich durchaus als Beleg für die Verläßlichkeit solcher Meldesysteme. Also im Zeifel erst einmal Freit UND Sicherheit wählen!

Wie wir gerade jetzt das Licht brauchen!

Wenn im Alter die Augen schlechter werden und sich der Grad einer möglichen Sehbehinderung erhöht, dann braucht man eine starke Raumbeleuchtung. Angesichts der Zahl der „Leidenden“ sollten sehr gute Lichtverhältnisse in den Kriterienkatalog für das „seniorengerechte Wohnen“ (Was für ein Prachtbegriff!) aufgenommen werden. Insbesondere Ältere fühlen sich in schwach beleuchteten Räumen häufig orientierungslos und unsicher. Die freundlich-gemütlichen Stehlämpchen können oft nicht recht dagegen anstrahlen. Besser ist da wohl beispielsweise ein starker Deckenstrahler.

Bei der Einrichtung einer Wohnung sollte bei der Beleuchtung niemand allzu sehr sparen, da sich gute Lichtverhältnisse zur Bewältigung der tagtäglichen Verrichtungen auszahlen. Egal ob es das Lesen im Wohnzimmer oder das Stricken in der Küche ist, gute Lichtverhältnisse sind in allen Situationen des Alltags vorteilhaft. Und denken wir an die Lichtkliniken in Schweden: Licht, viel Licht ist für uns existentiell notwendig! Eine sinnvolle Raumbeleuchtung für Alte sollte zusätzlich über eine einfache und verständliche Bedienung verfügen und im Zweifelsfall große und leicht erkennbare Bedienungsknöpfe beziehungsweise Lichtregler haben. Hier gelten ja die gleichen Gesetze wie bei Telefonen oder anderen Tastapparaturen. Wenn es im Raum einmal dunkel ist – und gerade jetzt scheint gegen halb fünf Uhr nachmittags das Restlicht geradezu ausgeknipst zu werden – , sollte niemand Schwierigkeiten haben, den Lichtschalter zu finden. Große, selbstleuchtende Schalter sind da durchaus eine wichtige Hilfe. Oder man greift schon jetzt zu beleuchteten Weihnachtsbaumkugeln.

Software als Helfer

Im Kontext der Älteren wird immer gerne darauf verwiesen, dass „Computer und zu Zeug“ eine Sache der Jüngeren wäre. Schaut man sich die WWW-Nutzungsraten an, dann stimmt das nur noch bedingt. Mit der neuen Welle von interaktiven Familienspielen, die das „Internetgaming“ noch weiter aus der imaginären Ecke der vereinsamten Nerds herausholt, die ihre Zeit mit Ego-Shooter-Spielen und Chips totschlagen,  wird sich auch das ändern.

Schaut man aber auf arbeitspraktische Entwicklungen, so zeigen sich hier Erleichterungen, die gerade die gern vorgehaltenen Defizite älterer White-Collar-Worker kompensieren. Erfahrung wird ihnen zugestanden, schnelle Reaktionsgabe weniger. Einfühlungsvermögen schon, Erinnerungsfähigkeit weniger. Wir wissen, dass schon dies nur statistisch richtig ist, aber es gibt Lösungen, die helfen, ältere Vertriebsmitarbeiter im Unternehmen halten zu können, da die zumindest potentiellen Schwächen via Software kompensiert werden können. Hierzu ein Beispiel:

Es geht um neue Methoden für den Erhalt und Transfer von Wissen in Unternehmen: von Abteilung zu Abteilung; von scheidendem zum neuen Mitarbeiter, vom Vertrieb zum Kunden. Das kommt den Unternehmen zugute, die ihr Wissen heute automatisiert sichern und schnell fokussiert auf dem Punkt verfügbar machen können, wie auch den Mitarbeitern, denen heute weit über Google & Co hinaus Systeme zur schnellen Wissensaneignung zur Verfügung gestellt werden können. Ein Beispiel: Konfigurationssoftware, die nicht nur für Automobile, PC’s und Müsli für den Endverbraucher zur Verfügung steht, sondern auch für komplexe, erklärungsbedürftige Produkte der Industrie. Das deutsche Softwareunternehmen encoway GmbH zum Beispiel hat sich auf Systeme für Vertrieb & Marketing solcher Produkte spezialisiert. Die Unternehmen bündeln in diesen Softwarelösungen das verkaufsrelevante Wissen: die Daten, Bilder und Preise und die Logik des Produktaufbaus. Der Vertriebsmitarbeiter bekommt eine Softwarelösung an die Hand, die ihn beim Finden und Zusammenstellen des passgenauen, maßgeschneiderten Angebots für seinen Kunden unterstützt. Dies ist nun gerade für Ältere ausgesprochen hilfreich! Sie verkaufen so sicher baubare und aus dem gesamten Sortiment geschöpfte Produkte. Das Angebot ist wesentlich schneller erstellt, es ist nicht mehr abhängig vom Wissen, dem Erinnerungsvermögen und den Vorlieben des einzelnen Vertriebsmitarbeiters. Und: das Wissen verbleibt nicht in den Köpfen, wird nicht fehlerhaft übertragen, sondern wird automatisiert verfügbar.

Allem Anschein nach eine lohnenswerte Entwicklung für die Unternehmen und ihre Kunden und eben auch für ältere Vertriebsmitarbeiter!

Die Handyfrage

Heute hat sich die Frankfurter Allgemeine Zeitung der Frage nach vernünftigen Handys für ältere Menschen angenommen. Neben einem Blick auf die wichtigsten Spieler auf diesem Markt, der gemessen an der Kaufkraft seiner Zielgruppe als kaum erschlossen gelten darf,   verweist die Zeitung darauf, dass es bereits eine asketische Strömung auch unter jüngeren Handynutzern gibt. Sie wollen telefonieren und sonst gar nichts. Vielleicht wächst der Trend und führt zu einem Abschmelzen der Zahl hypernervöser Handyschüttler. Zu wünschen wäre es.

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