08.08.2012 | Allgemein, Arbeitswelt, Demographie, Wissenschaft
Auf den Seiten des Statistischen Bundesamtes kann man immer wieder interessante Neuigkeiten finden. So liest man dort, dass die Bevölkerung zwischen 60 und 65 Lebensjahren von 14,163 Mio im Jahre 2000 über 15,855 Mio. im Jahre 2005 auf 17.145 Mio im Jahre 2010 angewachsen ist. Im letzten Jahr war ein kleiner Rückgang zu beobachten. Na ja, das mit der demografischen Änderung hat ja nun mittlerweile fast jeder mitbekommenn.
Kleine Statistik zur Illustration, aber ohne inhaltliche Verbindung zum Thema
Ok, aber richtig spannend werden diese Daten, wenn man die Zahl der Erwerbspersonen bzw. ihre Entwicklung über den genannten Zeitraum dagegen hält:
2000 – 372.000 Erwerbspersonen
2005 – 520.000 Ep.
2010 – 668.000 Ep.
und jetzt kommt der Knüller:
2011 – 763.000 Ep.! Das heisst, die Bevölkerung zwischen 60 und 65 Jahren stieg um runde 12% in den ersten und runde 8% in den zweiten fünf Jahren des Jahrzehntes. Aber die Zahl der Erwerbspersonen wuchs um 40 % in den ersten, 28% in den zweiten fünf Jahren und nochmals um 14% allein von 2010 bis 2011.
Mehr Alte. Das wussten wir, aber dass die Zahl der Erwerbswilligen unter ihnen so geschwind zugenommen hat, erstaunt doch. Die Gründe hierfür benennt auch das schlaue Statistische Bundesamt nicht. Meine Vermutung: auch sie haben auf verschiedenste Weise zugenommen.
23.02.2012 | Arbeitswelt, Geschäftsinteresse, Wissenschaft
Fortschrittsreport „Altersgerechte Arbeitswelt“ – so benennt das Bundesministerium für Arbeit sein neuestes Periodikum. Alle sechs Monate soll eine frische Ausgabe auf den Seiten des Ministeriums zum Herunterladen bereit liegen. Aber das Wichtigste steht bereits im Titel: Fortschrittsreport! Mach einer mag das als Pfeifen in dunkler Gasse, als Selbstbestätigung ministeriellen Managements verstehen. Unbenommen. Aber deutlich wird durch die vorgestellten Forschungsergebnisse der letzten Jahre, dass das Paradigma der abnehmenden Leistungsfähigkeit älterer Arbeitnehmer falsch ist und beerdigt werden sollte. In allen Köpfen. Vor allem in den Personalabteilungen. Ausnahmen bestehen aber bei physisch stark fordernden Arbeitsprozessen und bei monotonen Arbeitsabläufen. Also: von alleine fällt den Unternehmen nicht der erfahrene, motivierte und leistungsfähige Mitarbeiter vor die Tür. Es gilt ihn/sie zu pflegen, Arbeitsprozesse neu zu durchdenken und die – ebenfalls in diesem Bericht belegten – Vorteile altersdurchmischter Arbeitsgruppen auf den Weg zu bringen. Das geht nicht von heute auf Morgen. Aber die Sollarbeitszeit wird in diesem Jahr auch mal gerade um einen Monat verlängert. Jedoch gilt mit Sicherheit, dass altengerechte Änderungen im Arbeitsleben auch den jungen Arbeitsmarktaspiranten zu Gute kommen. Wer diese Zielgruppe durch prozessuale Neulayouts von Arbeit (Teilzeit, Vertrauenszeit, Heim-Büro etc.) umwerben will, wird automatisch etwas für den längeren Verbleib seiner älteren Arbeitnehmer geleistet haben. Und umgekehrt. Die Beschäftigtenquote der Über-60-Jährigen ist durch die kontinuierliche Verlängerung der Soll-Arbeitszeit aber nun kein verlässlicher Indikator für eine „altersgerechtere Arbeitswelt“ mehr. Der genaue Blick bleibt gefragt.
15.02.2012 | Allgemein, Arbeitswelt, Gesellschaft, Kultur, Staat
Ein thematischer Bruch: es geht heute nicht um interessante Seiten des Alterns. Es geht um Anstand, Würde und die Frage, was wir Bürger dem Amt und dem Amtsinhaber des Bundespräsidenten abverlangen wollen.
Ab Gustav Heinemann habe ich alle Präsidenten im Fernsehen erlebt. Mancher kam mir komisch vor, einige waren mir sympathischer als andere. Aber jeder von ihnen schien von der Würde des Amtes aufgerichtet und mein kleines Ich weit zu überragen. Ich spürte mehr als nur einen Altersabstand. Richard von Weizsäcker brachte mich manches Mal sogar zu moralischen Selbstbefragungen. Auch wenn ich häufiger ihre Ansichten nicht teilte, fiel es mir leicht, allen Bundespräsidenten Respekt zu zollen. Die medial vermittelten Persönlichkeiten im Amt schienen mir dies zu verdienen. Mit Horst Köhlers beleidigtem Rücktritt erstarb mein Respekt.
Christian Wulff war von Anfang an eine B-Besetzung. Ich vermute, dass auch das Herz der Kanzlerin für Joachim Gauck schlug. Aber das Machtdomino mit den CDU-Granden gebot die Aufstellung von Christian Wulff.
Auf unwürdige Startbedingungen folgte eine enttäuschende Wahl und ein enttäuschender Start: es war keine Elite, nicht einmal Parteielite, was da ins Schloss Bellevue zog. Es war Durchschnitt. Einer von uns. Einer, der auch mal auf dem Behindertenparkplatz hält, um den Lotterieschein abzugeben. Einer, der sein Ehrenwort mit gekreuzten Fingern hinter dem Rücken abgibt, einer, der seine Putzfrau nicht angemeldet hat, einer, der altersbedingt seine erste Ehe entsorgt. Einer wie wir. Im weiteren zeigte sich, dass er den meisten von uns im Filettieren der Wahrheit, im Nutzen von Schnäppchenangebote, im Verwechseln von Freundschaft und Netzwerk weit voraus ist.
Brauchen wir so einen Bundespräsidenten? Wenn wir mit Brecht feststellen, dass wir ein glückliches Volk sind, das keinen moralischen Führer braucht, dann sollten wir den moralischen Orientierungssimulanten Wulff samt Amt schnellstmöglich aufgeben. Wenn wir aber meinen, dass es gut wäre, zwischen den Verwerfungen der Globalisierung, den Fieberkrämpfen von Euroland und dem Innovationsdruck von Forschung und Demographie von Zeit zu Zeit ein kompetentes, unabhängiges und wohl bedachtes Wort zu hören, dann sollten wir Bürger der präsidiale Fehlbesetzung Wulff ein Ende machen. Schon der Chor in Sophokles´ Antigone wusste:
Ehrt des Landes Gesetz er und der Götter
Beschworenes Recht –
Hoch steht dann seine Stadt. Stadtlos ist er,
der verwegen das Schändliche tut.
Christian Wulff hält sich an das Schändliche. Helfen wir ihm die nötigen Konsequenzen zu ziehen solange wir noch an die Bedeutung seines Amtes zu glauben vermögen!
25.01.2012 | Allgemein, Arbeitswelt, Demographie, Gesellschaft, Rente, Wohlbefinden
Während es jetzt den ersten Jahrgag „erwischt“ hat, der einen Monat später in Rente gehen darf, flammt die Diskussion erneut auf, ob die Rente mit 67 eine Zumutung darstellt (so einige Gewerkschaften) oder im Gegenteil noch nicht weit genug gedacht ist (so z.B. Allianz-VV Michael Diekmann). Diese Diskussion wird es sich m. E. auf absehbare Zeit im öffentlichen Raum bequem machen und – wie beispielsweise die Diskussion um Abgeordnetendiäten – immer wieder „hoch poppen“. Zuwandererrate, Rentenkassenstand etc. bieten immer wiederkehrende Möglichkeiten hierzu. Wesentlich origineller und auch beachtenswerter ist das Plädoyer von Hans Magnus Enzensberger in einer der letzten SPIEGEL-Ausgaben: er fordert das Ende des staatlichen Rentendiktats und die Vertragsfreiheit unter den Beteiligten. Angesichts der Buntheit der gesellschaftlichen Lebenswirklichkeit hat jede Abkehr von Generalnormen (vom Strafrecht einmal abgesehen) etwas wohlig realistisches an sich. Manch einer muss heute länger „buckeln“ als er möchte; andere müssen wider ihren eigenen Willen durch staatliche Zwangsbeglückung ihren geschätzten oder gar geliebten Job (ja, das gibt es!) vorzeitig an den Nagel hängen. Wie demokratisch vernünftig wirkt da die Option einer selbstbestimmten Entscheidung! Und es scheint mir keineswegs ausgemachte Sache zu sein, dass die Rentenkasse unter einer solchen Individualisierung leiden müsste!

Die definitive Rentengrenze bleibt bis auf weiteres im Nebel
18.08.2011 | Arbeitswelt, Demographie, Europa, Gesellschaft, Politik, Staat
Nein, nein, es geht nicht um Donald Rumsfelds „altes Europa“ von 2003. Die Europäische Union hat mittlerweile selbst erkannt, dass sie immer älter aussieht. Deutschlands demopraphische Probleme zeigen sich in abgeschwächter Form auch in anderen Ländern der Union. Ab dem kommenden Jahr wird die Bevölkerung Europas im erwerbstätgen Alter abnehmen. Jährlich werden zwei Millionen Menschen die Schwelle von 60 Jahre überschreiten.

Um die lokalen Verantwortungsträger darauf vorzubereiten, hat die EU das kommende Jahr 2012 zum „Europäischen Jahr für aktives Altern“ erklärt. Im Zuge einer Medienkampagne soll alle Welt dafür sensibilisiert werden, dass man etwas für gesünderes Altern tun kann. Ein längerer Verbleib im Erwerbsleben steht genau so auf der Agenda wie die Förderung ehrenamtlichen Engagements.
In Deutschland wird angesichts des Fachkräftemangels mit der Kampagne wohl nur an sperrangelweit geöffneten Türen gerüttelt. Hingegen dürfte es spannend werden zu beobachten, wie die Bevölkerung in Ländern mit einer Jugendarbeitslosigkeit von 20% oder gar 40% auf derartige Sensibilisierungen reagiert. Ein „clash of generations“ scheint mir durchaus denkbar. Frankreich weist momentan eine Rate von 22,8 % Jugendarbeitslosigkeit auf, Italien 27,7 % und Spanien führt mit unglückseligen 45,7% die Liste an. Näheres kann man hier nachlesen.
12.07.2011 | Arbeitswelt
Der Beschäftigungspakt Perspektive 50plus, über den hier schon häufiger berichtet wurde, wartet jetzt mit einer neuen Informationsschrift auf. „Der Paktbote“ wird jetzt direkt im Ministerium für Arbeit und Soziales erstellt. Das Blatt ist einfach per Download unter der o.a. Adresse ins Haus zu holen. Und man sieht, dass nach wie vor eine ganze Reihe von Aktivitäten bundessweit – aber auch in Österreich – existiert. Ich vermute, dass die Kommunikation mit der Zielgruppe noch nicht ansprechend genug gewesen ist, um möglichst viele Angesprochene „aus der Sofaecke“ hinaus in die gar nicht so feindliche Arbeitswelt zu ziehen. Vom ersten Eindruck her wird der Paktbote hier zumindest eine Verbesserung erreichen. Die klamme Lage bei Fachkräften am Arbeitsmarkt wird sicher dazu beigetragen haben, dass nun auch diese Zielgruppe nochmals intensiver betreut wird. Reinschauen lohnt jedenfalls! Und weitergeben!