10.02.2014 | Allgemein, Demographie, Gesellschaft, Pflege, Staat, Testimonials, Wohlbefinden, Wohnen
Henning Scherf – ehenaliger Bürgmermeister Bremens – war einer der ersten, der den dempgraphischen Wandel öffentlichkeitswirksm angesprochen hat. Und: er zog frühzeitig mit seiner Frau und Freunden zu einer Alter-WG zusammen. Heute nichts Besonderes mehr, aber dass die Zwangslogik `wenn es zu Hause nicht geht, dann eben im Heim´ aufgebrochen wurde, ist auch Henning Scherfs Verdienst.

Von ihm hat der Herder-Verlag nun ALTERSREISE herausgegeben. Scherf berichtet von seinen Reisen durch Deutschland: Wohngemeinschaften, Seniorenheime, Demenzprojekte, Stifte und vieles mehr. Es ist ein buntes Bild der späten Jahre, das er dem Leser vorstellt. Stets im Dialog mit seiner eigenen inneren Stimme bzw. der eigenen Verfaßtheit. Offen spricht er über Gewichtszunahme und schwindende Kräfte bei sich selbst. Dieser Wechsel zwischen Fremd-Beobachtetem und Beobachtungen an sich selber verleiht dem Buch einen sympathisch handfesten Charakter. Es geht Scherf nicht um statistische Wahrheiten, sondern um die richtigen Schlüsse aus dem Selbst-Erlebten. Dabei lässt er seine Beobachtungen nicht unkommentiert: er zeigt sich als pointierter Gegner von Heimunterbringung, plädiert für überschaubare Größen des Zusammenlebens und wehrt sich vehement gegen die (Selbst-)Zuschreibung älterer Bürger, „nichts mehr zu nutzen“. Die Würde des Menschen – egal in welcher Verfassung er sich befindet – ist Scherf entscheidend wichtig. Eine zweite Botschaft, die ich hier als Überschrift gewählt habe, entspricht den landläufigen Erkenntnissen der Gerontologie: etwas tun – und wenn es nur das angeleitete Schälen einer Möhre ist – ist immer bessesr als das Nichtstun. Denn dem Nichtstun folgt der Gedanke der Nutzlosigkeit und damit die potentielle Altersdepression auf dem Fuße.
11.10.2013 | Allgemein, Arbeitswelt, Demographie, Geschäftsinteresse, Gesundheit, Wohlbefinden

„Wenn´s kommt, kommt´s dicke.“ Diese alte Volksweisheit hat den Vorteil multifunktional verwendbar zu sein: nach dem gerade geschilderten Fortschrittsbericht (s.U.) erreicht mich noch die Meldung über eine weitere Aktivität zum gleichen Thema: die Initiative Neue Qualität der Arbeit veranstaltet in den kommenden Tagen interaktive Themenwochen mit dem Titel „Alter(n)sgerechte Arbeitswelt – für alle?“ Es geht auch hier um die Frage, wie die Arbeitswelt so zu gestalten ist, dass sie den Fähigkeiten und Einschränkungen älterer ArbeitnehmerInnen gerecht wird. Da Vergleichbarkeit aber stets nur dann gegeben ist, wenn man eine gewisse Unschärfe bei der Betrachtung zulässt, hat die INQA für diese Woche einen Themenbotschafter benannt, der individuelle Fragen zur Arbeitswelt beantworten wird. Als Vorsitzender des deutschen Demographie Netzwerkes scheint oder sollte dieser Botschafter mit dem Themenfeld gut bekannt sein. Auch hier werden Beispielunternehmen genannt, die mit Sicherheit hierdurch einen Imagegewinn und dadurch leichteren Zugang zu ihren Wunscharbeitnehmern bekommen, zum anderen im Hinblick auf ihre Erfahrungen für den Interessierten auch „anzapfbar“ sein sollten.
Sollte es sich um ein dramaturgisches Meisterstück des Arbeits- und Sozialministeriums handeln? Erst reichlich appetitlich aufgemachte Informationen aushändigen und dann auf einem anderen Kanal (die INQA wird auch vom BMAS unterstützt) die Chance zur individuellen Wissensveriefung geben. Grossartig, aber ich glaube doch eher an einen glücklichen Zufall. So oder so: Man lese und frage sich schlau! hier kann man übrigens in den Ablaufplan der Themenwoche blicken.
15.05.2013 | Allgemein, Demographie, Gesellschaft, Politik
„Gipfel“, „Gipfelsturm“, „G-8-Gipfel“: das suggeriert doch immer – Bedeutsamkeit. Und nun haben wir auch einen Demografiegipfel. Ich mag mich irren, aber ich glaube es ist der erste. Und sogar die Kanzlerin gibt einen Ausblick auf einige der wichtigsten Herausforderungen und die Lösungsansätze der Bundesregierung. Zunächst mal erfreulich. Wenn man dann aber hört, dass dieser Gipfel in vier Stunden (!) abgefeiert wird, kann einem doch ein wenig mulmig werden. Sind die Dinge wirklich allen Beteiligten so klar, dass es nur Häkchen auf einer Agenda zu machen gilt? Oder sind all die Punkte sorgsam ausgeschlossen, die vielleicht doch einen produktiven Streit benötigen, bevor sie jemand mit einem Häkchen in die Zukunft entlässt? Egal, als Lichtzeichen taugt die Veranstaltung, da hier deutlich wird, dass auch die Regierung um den demografschen Wandel weiß und sich nicht einfach wegduckt. In anderen Ländern mit absehbarem Wandel hat man nicht unbedingt diesen Eindruck. Damit ist zwar noch nichts Konkretes umgesetzt, aber Kopf-in-den-Sand-Politik kann man der Regierung erst einmal nicht vorwerfen. Es bleibt die Frage der Nachhaltigkeit. Hoffentlich machen sich die Medien die Mühe, hier auch aus den Niederungen der Umsetzung oder Nicht-Umsetzung zu berichten. Sonst nutzt auch der Lichtzeichencharakter nichts!
04.04.2013 | Arbeitswelt, Demographie, Geschäftsinteresse, Staat, Testimonials, Wohlbefinden
Der gestern durch die Medien gereichte Zuwachs der Beschäftigten über 60 Jahre ist zunächst mal eine Tatsache. Interessant ist, was man aus ihr machen kann! Ich habe mich spontan gefreut, dass mehr Ältere die Chance haben, Sinniges zu tun. Dass dies der Fall ist, verdankt sich nicht einer neuen Seniorenfreundlichkeit der Arbeitgeber, sondern der demographischen Notwendigkeit. Aber dies lässt sich meines Erachtens durchaus als Win/Win-Situation interpretieren.
Aus Gewerkschaftskreisen ist zu hören, dass es noch immer zu viele Arbeitssuchende jenseits der 60 gibt und dass diese – die Bundesanstalt für Arbeit bestätigt dies – deutlich länger brauchen, um einen neuen Job zu finden als Jüngere. Hieraus lese ich, dass die Arbeitgeber ihren eigenen älteren und alten Mitarbeitern vertrauen, da sie sie über Jahre hinweg als wichtige Ressource schätzen gelernt haben. Aber den unbekannten Alten gegenüber herrscht auf dem Arbeitsmarkt nach wie vor eine bedauerlich zu hohe Skepsis. Im aktuellen IAB-Newsletter (Institut fuer Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur fuer Arbeit) ist zu lesen, dass gerade Frauen im Osten Deutschlands, die die 60 überschritten haben, kein Zutrauen haben, eine neue Stelle zu finden. Sie ziehen sich einfach aus dem Pool der Arbeitssuchenden zurück. Skepsis und mangelnde Beratungsexpertise bei den Jobcentern werden als Gründe dafür aufgeführt. Hier bleibt also noch einiges zu tun.
Dann kann man bei den Leserkommentaren der BILD-Zeitung Aversion, ja Zorn ob dieser Meldung nachlesen. Die Geknechteten werden um den verdienten Ruhestand gebracht – so der Tenor – und von Politik und bösartigen Arbeitgebern bis aufs Blut ausgesaugt. Die Möglichkeit, dass jemand gerne arbeiten WILL, und nicht or allem MUSS, kommt hier schlichtweg nicht vor. Man kann auch an diesem Beispiel wunderbar sehen, welch unterschiedliche Reflexe von einer unschuldigen Information ausgelöst werden können.
08.09.2012 | Allgemein, Demographie, Gesellschaft
Dass Deutschand aufgrund seiner Geburtenrate (nicht nur) zu den Ländern mit der ältesten Durchschnittsbevölkerung gehört, haben wir bereits öfter gehört. Nun können wir es statistisch exakt nachsehen. Geographixx zeigt, dass die Länder Afrikas einen Altersdurchschnitt von unter 20 Jahren haben. Spitzenreiter Uganda mit sagenhaften 15 Jahren. China treibt sich im Mittelfeld mit guten 30 Jahren rum. Deutschland aber ist mit seinem Durchschnittsalter von 42, 6 Jahren vor Japan und Monaco an drittletzter Stelle angekommen. So weit so gut. Möchten wir in einem Land leben, in dem ununterbrochen Kindergeburtstag gefeiert wird? Oder dort, wo penetrant erste Karrierefragen gestellt werden? 42, 6 ist noch immer recht jung. Hieraus eine nationale Tragödie zimmern zu wollen, dafür bedarf es schon einer guten Portion deutschen Alarmismuses. Entscheidend wird sein, was wir daraus machen. Und vielleicht schaut die Welt, wenn sie sich am Umbau unserer Energieversorgung satt gesehen hat, auf unser Arrangement mit dem Durchschnittsalter. Das Richtige zu tun gelingt uns ja – entgegen aller gut aufgestellten Miesepetergesänge -im internationalen Vergleich recht gut. Schauen wir mal, wie wir mittelfristig mit diesem „drittletzten Platz“ zurande kommen…Ich bin einmal mehr ziemlich optimistisch! Schön, dass das Alter einmal mehr eine Herausforderung darstellt.
08.08.2012 | Allgemein, Arbeitswelt, Demographie, Wissenschaft
Auf den Seiten des Statistischen Bundesamtes kann man immer wieder interessante Neuigkeiten finden. So liest man dort, dass die Bevölkerung zwischen 60 und 65 Lebensjahren von 14,163 Mio im Jahre 2000 über 15,855 Mio. im Jahre 2005 auf 17.145 Mio im Jahre 2010 angewachsen ist. Im letzten Jahr war ein kleiner Rückgang zu beobachten. Na ja, das mit der demografischen Änderung hat ja nun mittlerweile fast jeder mitbekommenn.
Kleine Statistik zur Illustration, aber ohne inhaltliche Verbindung zum Thema
Ok, aber richtig spannend werden diese Daten, wenn man die Zahl der Erwerbspersonen bzw. ihre Entwicklung über den genannten Zeitraum dagegen hält:
2000 – 372.000 Erwerbspersonen
2005 – 520.000 Ep.
2010 – 668.000 Ep.
und jetzt kommt der Knüller:
2011 – 763.000 Ep.! Das heisst, die Bevölkerung zwischen 60 und 65 Jahren stieg um runde 12% in den ersten und runde 8% in den zweiten fünf Jahren des Jahrzehntes. Aber die Zahl der Erwerbspersonen wuchs um 40 % in den ersten, 28% in den zweiten fünf Jahren und nochmals um 14% allein von 2010 bis 2011.
Mehr Alte. Das wussten wir, aber dass die Zahl der Erwerbswilligen unter ihnen so geschwind zugenommen hat, erstaunt doch. Die Gründe hierfür benennt auch das schlaue Statistische Bundesamt nicht. Meine Vermutung: auch sie haben auf verschiedenste Weise zugenommen.